Im Quartett der Halbfinalisten bei der WM ist alles offen
Die Europäer sind unter sich im Finish der Weltmeisterschaft. Das sind die Stärken und Schwächen der vier Teams im Kampf um ein Endspielticket.
Da waren’s nur noch vier. Im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 ist Europa unter sich, und das nicht nur mit den üblichen Verdächtigen: Mit Belgien und Kroatien schafften es auch zwei Teams, die bestenfalls als Geheimtipp galten. Das sind die Stärken und Schwächen der Großen Vier, die am Dienstag (20 Uhr/Frankreich – Belgien) bzw. Mittwoch (20 Uhr/Kroatien – England) die Endspielteilnehmer ermitteln: Frankreich. Die Franzosen brauchten etwas, bis sie bei diesem Turnier in Schwung kamen. Spätestens seit dem mitreißenden 4:3 über Argentinien im Achtelfinale muss man aber mit „Les Bleus“rechnen. Ihre Stärken haben sie in den überragenden technischen Fähigkeiten ihrer Stars wie Antoine Griezmann, Kylian Mbappé und Paul Pogba. Sie lassen auch vergessen, dass Sturmspitze Olivier Giroud bislang noch ohne einen einzigen WM-Treffer ist. Der Brecher-Typ im Angriff soll nach den Vorstellungen von Coach Didier Deschamps vor allem Räume für seine wendigen Mitspieler schaffen.
Schwächen offenbaren sich immer wieder in der Defensive, in der Innenverteidiger Raphaël Varane als Unsicherheitsfaktor gilt. Dafür steht mit Hugo Lloris ein Bollwerk zwischen den Pfosten. Insgesamt scheint bei den Franzosen Luft nach oben da zu sein. Belgien. Potenzial wurde ihnen schon lang bescheinigt, nun kann Trainer Roberto Martínez die Belgier zum ganz großen Erfolg führen. Der Spanier ordnete die Hierarchie und die Taktik bei den „Roten Teufeln“neu – mit Erfolg: Er hat in zwei Jahren als Nationaltrainer erst ein Spiel verloren. Unumstrittene Führungsfigur ist Flügelflitzer Eden Hazard vom FC Chelsea. In der auf Konter ausgerichteten Offensive harmoniert er ideal mit Kevin De Bruyne, Dries Mertens, Nacer Chadli und Romelu Lukaku. Das Resultat: Die meisten Tore in der Qualifikation (43), die meisten Tore bei der Endrunde (bislang zwölf).
Thibaut Courtois ist ein Torhüter, der seinem Team auch Spiele gewinnen kann. Vor dem ChelseaKeeper hapert es mitunter an der Stabilität in der Abwehr. Das wäre im Achtelfinale gegen Japan beinahe ins Auge gegangen, als das 0:2 noch in ein 3:2 verwandelt wurde. England. Teamgeist und taktische Disziplin zeichnet die „Three Lions“aus und lässt sie auf den ersten Weltmeistertitel seit 1966 hoffen. England hat den besten Knipser dieser WM in seinen Reihen, Harry Kane ist mit bislang sechs Toren auf bestem Weg, Schützenkönig dieser Titelkämpfe zu werden. Trainer Gareth Southgate setzt auf ein eingespieltes Team und die Stärke nach Standards. Eigentlich kommt der Erfolg zu früh – im Team fehlen gestandene Haudegen, dafür glänzen Newcomer wie Torhüter Jordan Pickford (nur drei Länderspiele vor der WM) oder Harry Maguire (vier Spiele). „Wir sind noch weit entfernt von Perfektion“, betont Southgate deshalb auch. Kroatien. So sehr den Engländern die Routine fehlt, so viel haben die Kroaten davon. Und das zieht sich gleichmäßig durch alle Mannschaftsteile von Torhüter Danijel Subašić über die Abwehr um Dejan Lovren bis zur Offensive mit Mario Mandžukić und Luka Modrić. Die schnelle und technisch starke Truppe ist allerdings oft zu ungestüm unterwegs und sammelt zu viele Gelbe Karten. Torhüter Subašić kann den Unterschied in einem Elfmeterschießen ausmachen. Eine Schwäche: Die Ersatzbank fällt qualitativ sehr stark gegenüber dem ersten Anzug ab.