England hat noch nicht genug
Dank eines 2:0-Erfolgs über Favoritenschreck Schweden steht England erstmals seit 1990 im WM-Halbfinale. Ein Torjäger, ein Tormann und die Stärke bei Standards lassen vom Titel träumen.
So nah waren die Three Lions dem zweiten Weltmeistertitel seit 28 Jahren nicht mehr. Und mit dem dritten Halbfinale der Verbandsgeschichte geben sich die Engländer auch nicht zufrieden. Nach dem 2:0 gegen Schweden erklärte Kapitän Harry Kane: „Wir sind noch nicht fertig.“Zum zweiten Pokalgewinn nach 1966 fehlen der Elf von Coach Gareth Southgate noch zwei Siege. Trainer und Spieler wissen zwar um die große Chance, abheben will man deswegen aber nicht. „Der kollektive Geist ist es, wieso wir hier sind. Wir haben noch keine Weltklassespieler, aber viele Junge, die mentale Stärke beweisen“, sagte der 47-Jährige.
Gerade das starke Kollektiv der Schweden hatte England in der Vergangenheit oft Mühe bereitet. In den jüngsten 15 Aufeinandertreffen fuhren die Briten nur zwei Siege ein. „Wir haben gegen einen Gegner gespielt, der eine klare Identität hat und dessen Geschlossenheit früher zu viel für uns war“, so Southgate. Am Samstag hat sich der Spieß umgedreht. Auch seine Elf habe mittlerweile ein klares Profil entwickelt. Ein Großteil der Mannschaft kennt sich bereits aus der Nachwuchszeit, das schweißt zusammen.
Trotz des viel umjubelten Halbfinaleinzugs wartet noch viel Arbeit auf das englische Team, der Trainer will sich davon gar nicht ausnehmen. „Wir müssen uns weiterhin verbessern, die Spieler und der Betreuerstab. Das betrifft nicht nur mich.“Bei der WM unter den besten vier zu sein bedeute noch nicht, auch zu den vier stärksten Mannschaften der Welt zu zählen. „Das müssen wir erst unter Beweis stellen“, konstatierte der Coach.
Kane, der die Torschützenliste mit sechs Treffern anführt, will den Triumphzug in Russland fortsetzen. „Jetzt wollen wir es mit den Jungs auch bis zum Ende durchziehen.“Die Leistung gegen Schweden sei trotz des hohen Drucks hervorragend gewesen. Um gegen Kroatien ins Endspiel einzuziehen, ist abermals eine Top-Performance notwendig. „Wir wissen, dass uns ein hartes Spiel erwartet, aber wir sind zuversichtlich.“
Im Halbfinale im Moskauer Luschniki-Stadion am Mittwoch (20.00 Uhr/live ORF eins) wollen dann auch mehr englische Fans in Russland dabei sein. Nach Samara verirrten sich nur rund 3500 Anhänger. Dabei hätten die Leistungen von Englands neuen FußballHelden deutlich mehr Rückendeckung verdient. „Wir spüren aber auch die Unterstützung in der Heimat. Das tut uns sehr gut“, sagte Dele Alli, der gegen die Nordeuropäer in der 59. Minute zum 2:0 traf.
Über englische Tormänner macht sich dieser Tage unterdessen wohl niemand lustig. Mit Jordan Pickford haben die Engländer einen der besten Goalies der Endrunde. „Ich versuche einfach, hart an mir zu arbeiten und auf dem Platz das Beste für mein Team zu geben“, sagte der 24-Jährige, der auch gegen Schweden mit einigen sehenswerten Paraden aufzeigte. Für den Schlussmann ist es an der Zeit, der Fußball-Historie seines Landes ein neues Kapitel hinzuzufügen. „Als England zum letzten Mal das WM-Halbfinale erreicht hat, war ich noch nicht auf der Welt. Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben.“
Ein Schlüssel zum Erfolg sind auch Standardsituationen. Bereits acht Mal war man nach Ecken, Freistößen und Elfmetern erfolgreich. Kein anderes Team traf bei dieser WM öfters nach einem ruhenden Ball. Gegen Schweden ebnete Harry Maguire mit einem Kopfball nach einer Ecke den Weg zum Sieg. Zwei fehlen noch zum ganz großen Coup.