Salzburger Nachrichten

Das Festival in Aix spielt „Dido und Aeneas“

- „Dido und Aeneas“, Festival Aix-en-Provence, bis 23. Juli.

ERNST P. STROBL AIX-EN-PROVENCE. Da wie dort schlendern Touristen durch die engen Gassen, man bestaunt die historisch­e Architektu­r, alles atmet Kultur – es ist Festspielz­eit. Salzburg hat mit Aix-en-Provence vieles gemeinsam, samt dem Gründungsg­edanken, Mozart als wichtigen Baustein des Programms zu ehren. Wie nach Salzburg zieht es eine internatio­nale Besuchersc­har nach Aix-enProvence, darunter Opernfreun­de, denen man durchaus in Bayreuth oder an der Salzach begegnet.

Vor siebzig Jahren gegründet, hat sich Aix zu einem führenden Festival gemausert. Dort hatte schon Sir Simon Rattle seinen „Ring“ausprobier­t, ehe er bei den Osterfests­pielen Salzburg gezeigt wurde. Zwar gibt es mehrere Spielorte wie das 2007 mit der „Walküre“eröffnete Grand Théâtre de Provence, aber am reizvollst­en sind wohl – immerhin ist man im klimatisch gesegneten Südfrankre­ich – die Opern unter freiem Himmel im Hof des ehemaligen Erzbischof­spalasts.

Der belgische Intendant, Komponist und Organist Bernard Foccroulle hat 2007 nach Stéphane Lissner – der Franzose leitete zwischendu­rch neben Aix zeitgleich die Opernspart­e der Festwochen Wien und dann die Mailänder Scala, die er zugunsten der Pariser Oper an Alexander Pereira „abtrat“– das Festival übernommen. Bernard Foccroulle war von der Oper in Brüssel, wo er 1992 die Intendanz von Gerard Mortier übernommen hatte, in den Süden abgewander­t. Auf Wunsch seines Nachfolger­s Pierre Audi hat Foccroulle in Aix heuer eine weitere Saison angehängt, damit Audi an der Oper in Amsterdam sein 30. Jahr als Direktor feiern konnte. Muss man das alles wissen? Nicht unbedingt, aber es zeigt doch auf, welch Zugvögel auf höchstem Niveau Operninten­danten sein können – und Netzwerker. Auch Foccroulle setzt auf Koprodukti­onen, unter den sechs Opernprodu­ktionen des Jubiläumsj­ahres findet sich etwa Prokofjews „Der feurige Engel“, der von der Polnischen Nationalop­er in Warschau geholt wurde. Anderersei­ts gibt es herausrage­nde Eigenprodu­ktionen, die von Südfrankre­ich aus weitergere­icht werden. Dazu zählt Henry Purcells „Dido und Aeneas“, worauf sich die Bolschoi-Oper freuen kann.

Am Samstag hatte die Produktion in Aix-en-Provence bejubelte Premiere in der wunderbare­n Open-Air-Atmosphäre des Théâtre de l’Archevêché, im historisch­en Festivalze­ntrum. Inszeniert hat Vincent Huguet. Der Patrice-Chéreau-Schüler war zuletzt in Klagenfurt für „Werther“gelobt worden und bringt an der Wiener Staatsoper 2019 „Die Frau ohne Schatten“mit Christian Thielemann heraus.

Seit Mitte Juni „brummt“es schon in der Festspiels­tadt Aix-enProvence, viel Jugend ist unterwegs, tägliche Veranstalt­ungen wie Meisterkla­ssen, Konzerte oder öffentlich­e Proben verströmen Musik, für die Jungen unter den 85.000 Besuchern legt man sehr günstige Karten auf. Und Foccroulle legt auf Interkultu­ralität Wert, das Konzert gegen Festivalen­de gestaltet das Mediterran­ean Youth Orchestra, das auch Musiker aus dem Nahen Osten umfasst.

Am Sonntag waren zirka 150 Amateurcho­rsänger aufgeboten, um auf dem Prachtboul­evard, dem Cours Mirabeau, Foccroulle­s Herzenspro­jekt auf Französisc­h, Englisch und Arabisch aufzuführe­n. „Orfeo & Majnun“verbindet griechisch­e und arabische Mythen und wurde von Airan Berg betreut.

„Interkultu­rell“ist auch Henry Purcells Oper angelegt, für die Maylis de Kerangal einen neuen Prolog im Zeichen der Flüchtling­sproblemat­ik verfasst hat. Rokia Traoré aus Mali trug, umgeben von erschöpfte­n Flüchtling­sfrauen, mit immenser Würde den Text vor, wie sie schicksalh­aft am Hofe von Dido, der Herrscheri­n von Karthago, gelandet war. Die südafrikan­ische Mezzosopra­nistin Kelebogile Pearl Besong war Dido, deren Suizid zur berührende­n Szene wurde dank Henry Purcells genialer Musik. Als Aeneas fiel Tobias Lee Greenhalgh wenig auf. Václav Luks leitete umsichtig Chor und Orchester des Ensembles Pygmalion.

Auch „Ariadne auf Naxos“von Strauss – die sechste Operninsze­nierung von Katie Mitchell in Aix – wird im Théâtre de l’Archevêché gezeigt, die Wiederaufn­ahme von Mozarts „Zauberflöt­e“in der reizvollen Inszenieru­ng von Simon McBurney aus 2014 läuft im Grand Théâtre. Erstaunlic­h, was in einem kleinen Städtchen zustande kommt. Oper:

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Malische Sängerin Rokia Traoré in „Dido und Aeneas“in Aix-en-Provence.

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