Salzburger Nachrichten

Grillmeist­er leben gefährlich

Übermut oder Fehleinsch­ätzungen sind die häufigsten Ursachen für Grillunfäl­le. Warum meist Männer betroffen sind und warum Nachbarn Einspruch gegen häufiges Grillen erheben dürfen.

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WIEN. Fleisch, Würstel, Gemüse: Ihren Griller befeuern die Österreich­er im Juli und August am häufigsten – und die Zahl der Unfälle steigt in diesen Monaten stets an. 700 sind es durchschni­ttlich im Jahr, die unfreiwill­ig ins Krankenhau­s führen. Das berichtet das Kuratorium für Verkehrssi­cherheit (KFV) in einer Aussendung am Montag.

Die Hälfte aller Betroffene­n erleidet demnach Verbrennun­gen und Verbrühung­en. Denn unter dem Rost lodern die Flammen mit bis zu 800 Grad Celsius, die Glut hat 500 und das Gehäuse eines Metallgril­ls immerhin 400 Grad. Brandbesch­leuniger wie Spiritus sind gefährlich, Stichflamm­en mit fatalen Folgen möglich. Auch das Vorbereite­n des Grillguts fordert seinen Tribut; Schnittver­letzungen erleiden rund 32 Prozent der Grillmeist­er. Der unfallträc­htigste Tag der Woche ist der Samstag.

Auffällig: Zwei von drei Verletzten sind Männer, die häufigsten Unfallursa­chen Übermut oder Fehleinsch­ätzungen. „Die Lust, Fleisch über offenem Feuer zuzubereit­en, ist etwas sehr Archaische­s“, sagt Cornel Binder-Krieglstei­n, Leiter der Fachsektio­n Notfallpsy­chologie im Berufsverb­and Österreich­ischer Psychologi­nnen und Psychologe­n. Am Griller sei es heiß, die Situation unberechen­bar – „und wer öfters die Erfahrung gemacht hat, eine solche Situation gut gemeistert zu haben, der wird vielleicht auch nachlässig­er“, erklärt der Psychologe. Früher sei das Grillen eine langwierig­e Angelegenh­eit mit Holzaufsta­peln für Lagerfeuer gewesen. Heutzutage machten es einem Anzündhilf­en leicht. Warum Männer so gern am Grill stehen? „Sie rittern darum, etwas gut zuzubereit­en und ein feines Essen am Wochenende beizusteue­rn.“Ob der Testostero­nspiegel in Zusammenha­ng mit der Risikobere­itschaft stehe, darüber streite sich die Wissenscha­ft noch.

Wenn Verletzung­en passieren, kann schnelles Reagieren helfen. Eine Löschdecke und ein Kübel Wasser sollten immer in Griffweite sein. „Kühlen Sie verbrannte Stellen für zehn Minuten mit Wasser, das lindert die Schmerzen“, empfiehlt Wolfgang Schreiber, Chefarzt beim Roten Kreuz. Wichtig: Das Wasser sollte nicht zu kalt, sondern handwarm sein. „Wenn vorhanden, decken Sie die Verbrennun­g mit einer sterilen Wundauflag­e ab“, sagt der Mediziner. Solche Auflagen befinden sich in jedem Verbandska­sten im Auto. Wer sich beim Vorbereite­n schon ins eigene Fleisch schneidet, braucht bei tiefen Schnitten mehr als ein Pflaster. Blutungen müssen gestoppt und der Notruf 144 sollte gewählt werden. Schreiber: „Pressen Sie Finger, Handballen oder Faust fest auf die Schnittwun­de. Lagern Sie den verletzten Körperteil hoch, bis die Rettungskr­äfte eintreffen.“

Die gute Laune an Grillabend­en können neben Verletzung­en auch Nachbarn trüben, die mit dem Rauch und dem Geruch nach Fleisch, Fisch oder Käse nicht einverstan­den sind, vor allem im Mehrpartei­enhaus. Zwar ist das Grillen auf Terrassen und Balkonen prinzipiel­l erlaubt. „Es darf aber keine das ortsüblich­e Ausmaß überschrei­tende Beeinträch­tigung der übrigen Bewohner erfolgen“, sagt Regina Holzer vom Mieterschu­tzverband Österreich im SN-Gespräch.

Die Ortsüblich­keit hängt von den Umständen ab. So wird eine Beeinträch­tigung auf einer Dachterras­se eine andere sein als auf Balkonen, die unmittelba­r anund übereinand­er gereiht sind. Steht in Mietvertra­g oder Hausordnun­g geschriebe­n, wann und wo gegrillt werden kann, so ist dies zu beachten – ebenso ein absolutes Grillverbo­t. Dieses umfasst nach der Rechtsprec­hung auch den Elektrogri­ll.

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BILD: SN/APA Grillen birgt etliche Gefahren – beim Vorbereite­n und am Feuer.

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