Österreich als Modell für Berlin?
Gewerkschaft rät zu mehr Augenmerk auf Binnennachfrage als Export.
Deutschland sollte nach Meinung von Forschern der Hans-Böckler-Stiftung bei den Arbeitskosten noch einige Jahre aufholen. Die einseitige Orientierung an Außenhandel und Wettbewerbsfähigkeit sei unvereinbar mit Inflationszielen, zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie der gewerkschaftsnahen Stiftung. Als Vorbild nennt die Analyse Österreich, dessen Wirtschaftspolitik in den frühen 2000er-Jahren sich nicht nur auf die Senkung der Arbeitskosten konzentriert und eine bessere wirtschaftliche Leistung als Deutschland erzielt habe.
Obwohl die Arbeitskosten in Deutschland dank des Booms der vergangenen Jahre angezogen haben, entwickeln sich die Lohnstückkosten seit 1992 schwächer als in fast allen anderen EU-Ländern. Deutschland lag hier im Schnitt bei 1,1 Prozent im Jahr. Das Inflationsziel der EZB (rund zwei Prozent pro Jahr) könne laut der Studie so nicht erreicht werden.
Bei den Arbeitskosten (dazu zählen neben dem Bruttolohn Arbeitgeberanteile an den Sozialbeiträgen, Aufwendungen für Aus- und Weiterbildung sowie als Arbeitskosten geltende Steuern) liegt Deutschland mit 34,60 Euro pro Stunde auf Platz sechs in der EU, direkt vor Österreich mit 34,5 Euro. Deutschland verzeichnete hier von 2001 bis 2017 den drittniedrigsten Anstieg in der EU – pro Jahr im Schnitt 2,1 Prozent. Nur Griechenland und Portugal (0,6 bzw 1,5 Prozent) lagen noch darunter.
Eine stabilitätskonforme Wachstumsrate der Lohnstückkosten liege laut Böckler-Stiftung bei rund zwei Prozent im Jahr – was auch dem EZB-Inflationsziel entspricht. Die Studie empfiehlt eine makroökonomisch ausgerichtete Lohnpolitik, die sich an der Summe aus EZBZielinflation und dem Trend der Produktivitätszuwächse orientiert. Ein Fokus auf Exporterfolge führe zu schwächerer Binnennachfrage und weniger Beschäftigung.