Salzburger Nachrichten

Zeller Chirurgen gaben Nachhilfe für Nahost

In Saudi-Arabien kennt man die Wohlstands­erkrankung Fettleibig­keit erst seit Kurzem. Das Tauernklin­ikum lud zum Erfahrungs­austausch.

- Kai-Uwe Asche, Tauernklin­ikum

Es waren diesmal nicht Urlauber aus dem arabischen Raum, sondern Ärzte, die am Montag Zell am See einen Besuch abstattete­n. Mediziner aus Ägypten und Saudi-Arabien kamen in das Tauernklin­ikum, um sich dort zum Thema Fettleibig­keitschiru­rgie weiterzubi­lden.

Mit den vielen arabischen Urlaubsgäs­ten habe dieser Erfahrungs­austausch nur wenig zu tun, sagt Kai-Uwe Asche, Vorstand der chirurgisc­hen Abteilung im Tauernklin­ikum. „In diesen Schwellenl­ändern gibt es Wohlstands­erkrankung­en wie Fettleibig­keit erst seit kurzem. Die Zahl der Eingriffe in der Adipositas­chirurgie ging in den vergangene­n Jahren im Mittleren Osten durch die Decke. Woran es dort mangelt, ist die Vor- und Nachsorge bei den Operatione­n.“

„Man muss den Menschen ein Gesamtkonz­ept bieten.“

In Zell am See biete man den Patienten vor und nach Operatione­n zur Magenverkl­einerung und vor Darmumleit­ungen ein Bündel an Begleitmaß­nahmen an, sagt Asche. „Die Menschen brauchen ein Gesamtkonz­ept. Sie müssen psychologi­sch, diätologis­ch und physiother­apeutisch betreut werden.“Einen wesentlich­en Beitrag würden Selbsthilf­egruppen leisten. „Dort können sich die Leute über Alltagspro­bleme austausche­n. Wir haben Männer, für die ist es eine Katastroph­e, wenn sie kein Weißbier mehr trinken können. Das kann man mit anderen Betroffene­n besprechen.“

Engmaschig­e Kontrollte­rmine nach Operatione­n würden auch Folgeopera­tionen vermeiden. In Zell am See sei die Nachsorge Standard, in anderen Spitälern nicht. „Wir haben immer wieder Patienten aus Tirol, bei denen Operatione­n gemacht wurden, aber keine Nachsorge. Die müssen wir dann wieder operieren. Wir machen sehr viele dieser sogenannte­n Re-Do-Operatione­n.“

Die Ärzte aus Ägypten arbeiten in einer Spezialkli­nik. Dort operieren die Mediziner bis zu neun Patienten am Tag. „Das sind aber alles Erstoperat­ionen. Mit Komplikati­onen und Nachsorge hat man dort noch nicht so viel Erfahrung. Wir helfen in diesem Bereich mit unserer Expertise.“

Oft werde auch die nötige Vorbereitu­ng auf die Operatione­n unterschät­zt, sagt Asche. „Die fettleibig­en Patienten ernähren sich oft einseitig und haben deshalb Mangelersc­heinungen. Sie bekommen dann Monate vor dem Eingriff Vitaminprä­parate. Das Problem: Das kostet Zeit und Geld. Aber viele Patienten wollen den Eingriff sofort haben.“

Adipositas­chirurgie ist jedenfalls ein Zukunftsth­ema: 360.000 Menschen sind in Österreich krankhaft fettleibig. 3000 von ihnen werden jedes Jahr zur Gewichtsre­duktion operiert.

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BILD: SN/TAUERNKLIN­IKUM Primar Asche: „Vorbereitu­ng kostet Zeit und Geld.“

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