Salzburg lockt neue Museen an
Ein Bundesmuseum außerhalb Wiens? Dafür hat Wilfried Haslauer zwei Vorschläge.
Was sich die Bundesregierung für diese Legislaturperiode vorgenommen hat, nimmt Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) offenbar beim Wort. Im türkis-blauen Regierungsprogramm steht: „Die Sammlungsbestände der Bundeseinrichtungen sollen im Zuge von Kooperationen verstärkt in den Bundesländern ausgestellt und präsentiert werden können.“
Weil Wilfried Haslauer seit 13. Juni wieder für die Salzburger Museumspolitik zuständig ist, prescht er mit zwei Projekten vor. Gelingt die, wäre Salzburg das erste Land, das ein Bundesmuseum nicht – wie Tirol – aus Habsburger-Erbe hat, sondern aus Standortpolitik anlockte. Weil er 2004 bis 2013 bereits für Museen in der Landesregierung zuständig gewesen ist und das Domquartier geschaffen hat, hegt er auch dafür ein großes Vorhaben. SN: Was nehmen Sie sich in dieser Legislaturperiode in der Museumspolitik vor? Wilfried Haslauer: In und für die Salzburger Museen ist in den letzten Jahrzehnten viel geschehen. Trotzdem wollen wir einige Schritte weiter gehen.
Für das Domquartier wollen wir die finanzielle Ausstattung verbessern (also das Jahresbudget erhöhen, Anm.), um noch attraktivere Ausstellungen zu ermöglichen. Zudem möchten wir im Hof der Residenz einen neuen Eingangsbereich für Kartenverkauf samt Shop schaffen. Das steht in Kombination mit einer neuen Nutzung der Kellergewölbe der Residenz: Dort sollen die archäologischen Sammlungen gezeigt werden. Die Frühgeschichte Salzburgs, vor allem die Römerzeit, ist ja so bedeutend, dass sie nicht unberücksichtigt bleiben darf. Dies erfordert Gespräche mit der Universität, die dort derzeit ihre Gipssammlung verwahrt.
Zugleich möchten wir einen Durchbruch zu den Domgrabungen, um beide archäologischen Präsentationen zu vereinen und um den derzeitig unansehnlichen Zugang unter den Dombögen schließen zu können. Sie sehen, das ist ein großes, komplexes Projekt, aber unbedingt nötig. SN: Die Archäologie-Ausstellung in Kellern der Residenz samt Durchbruch zu Domgrabungen ist schon lang geplant. Wie möchten Sie das umsetzen? Die Planungen von Architektin Heide Mühlfellner werden vertieft. Wir werden einen Planungshorizont aufstellen, ein Zeit-Weg-Diagramm erarbeiten, dieses finanziell unterlegen und Gespräche führen – etwa mit der Universität. Und wir werden das mit den Plänen für Eintrittsbereich und Shop des Domquartiers zusammenführen. Ein weiteres großes Projekt ist eine Kooperation mit dem Belvedere. SN: Wie kommt die zustande? Mir war immer daran gelegen, mit Wiener Museen in gutem Kontakt zu stehen, weil sie viele der Kunstschätze haben, die aus Salzburg um 1816 weggekommen sind. Aber die Zusammenarbeit ist nicht nur auf diesen Bereich beschränkt. Es gibt Überlegungen, den zweiten Hof der Neuen Residenz zu unterkellern und dort in Kooperation mit dem Belvedere Ausstellungen zu zeigen. Das wird frühestens bis Ende der Legislaturperiode (2023, Anm.) umzusetzen sein, weil es beträchtliche Baumaßnahmen erfordert. SN: Im Mittelpunkt wird dort ehemaliger Salzburger Sammlungsbestand sein? Nein, das Belvedere hat eine unglaubliche Sammlung von Mittelalter bis Moderne. Es gibt ja die grundsätzliche Idee, die großen Bundesmuseen anzuzapfen und deren Bestand dem Publikum in Salzburg zugänglich zu machen.
Da haben wir eine breite Möglichkeit der Zusammenarbeit. Noch ist Organisatorisches zu klären – was macht das Belvedere, was das Salzburg Museum? Wird in Wien oder in Salzburg kuratiert? SN: Warum passt die auf österreichische Kunst spezialisierte Sammlung des Belvedere in das Regionalmuseum für Stadt und Land Salzburg? Das Belvedere würde aus seinen Kunstschätzen eine Auswahl zeigen – auch Schiele, Klimt oder Waldmüller. Das wird ein zusätzliches Angebot, das unter „Belvedere in Salzburg“liefe. Eine Zusammenarbeit mit dem Salzburg Museum ergäbe sich wegen des Standorts, das wäre nur organisatorisch und nicht inhaltlich mitzudenken. SN: So wie Schloss Ambras für das Kunsthistorische Museum, wäre dies eine Dependance für das Belvedere? Derartige Details sind noch zu klären. Und ein nächster Punkt ist das Österreichische Fotomuseum. Wir möchten, dass es als Bundesmuseum in Salzburg errichtet wird.
Wir haben ja schon seit vielen Jahren die Fotosammlung des Bundes im Museum der Moderne; sie wird hier verwaltet, gezeigt und um Ankäufe erweitert. Wir haben also schon viel Expertise hier. Auch im neuen Depot des MdM (bei Guggenthal, Anm.) haben wir ideale Bedingungen für Fotografie. Wir brauchen nur noch eine Übereinkunft mit dem Bund. SN: Haben Sie mit Peter Coeln von der Wiener Galerie Westlicht über dessen Sammlung geredet? Nein, aber mit anderen, die bereit wären, so ein Haus zu unterstützen. Ich sehe so ein Fotomuseum auf breiter Basis – etwa mit einer Professur für Fotografie an der Universität Mozarteum, vielleicht auch eine spezielle Messe, da muss man den Markt sondieren. Hier möchten wir einen Schwerpunkt ausbauen, den es beispielsweise mit Fotohof und Fotosammlung des Bundes bereits gibt. SN: Passt dies ins Rupertinum? Das wäre ein möglicher Standort, es gibt aber auch Überlegungen für einen Neubau. Das alles ist zu klären. SN: Sind Sie darüber mit Kulturminister Blümel in Kontakt? Ja, auch mit Sektionschef Meinl. Es gibt ja eine Studie, noch von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ, Anm.), derzufolge Salzburg und Wien als Standorte für so ein Haus der österreichischen Fotografie tauglich wären. Auch wir beginnen nun eine Expertenstudie, um dieses Projekt für Salzburg so zu konkretisieren, dass wir es im Herbst in die Budgetverhandlungen aufnehmen können. Bis dahin werde ich mit dem neuen Direktor des MdM, Thorsten Sadowsky, Gespräche führen. Denn wahrscheinlich ist es sinnvoll, so ein Fotomuseum nicht an das MdM anzuhängen, sondern ein selbstständiges Museum zu machen, und zwar ein Bundesmuseum mit Standort Salzburg.
Weiters wollen wir im Freilichtmuseum ein Eingangsgebäude bauen oder wenigstens planen, denn das wird vermutlich in dieser Periode nicht mehr umzusetzen sein. SN: Wozu bräuchte das Freilichtmuseum einen Neubau? Der Besuchereingang entspricht nicht dem heutigen Stand und es soll Raum für die Verwaltung und für Sonderausstellungen geben – seien es Fotoausstellungen oder Handwerksausstellungen.
Dann ist da der Evergreen „The Sound of Music“! Die Stadt hat das ja finanziell nach hinten geschoben. Trotzdem bin ich zuversichtlich, in den kommenden fünf Jahren eine Lösung zu finden. SN: Am Mirabellgarten? Unbedingt an diesem Standort! Das ist ein wunderbares Gebäude in authentischer Lage, an der Rückseite gehen die Exkursionen los. Besser geht es nicht. Es geht nur noch darum, es baulich aufzurüsten und die Rechte wegen der audiovisuellen Nutzung zu klären. Der Spazierstock von Baron Trapp und das Schnupftuch von Maria Trapp dürften ja begrenztes Interesse wecken. SN: Von der Stadt ist zu hören, das Projekt sei vorerst abgesagt, weil das Land nicht zahle. Wir hatten viele Jahre zwei Millionen Euro dafür reserviert! Aber da mit der Stadt nichts weitergegangen ist, haben wir das Geld für anderes verwendet. Tatsächlich geht es darum: Die Stadt ist alleinige Eigentümerin des Gebäudes. Daher ist dessen Sanierung von der Ausstellung (die Stadt und Land gemeinsam über das Salzburg Museum übernehmen, Anm.) zu trennen. Für die Kosten der Sanierung muss ein anderer Aufteilungsschlüssel gelten als für die Ausstellung. Dass jetzt die Stadt deswegen den Ball zu uns herüberschiebt, ist nicht richtig. SN: Also ist für die Entscheidung die Gemeinderatswahl, also März 2019, abzuwarten? So wird es sein. SN: Das neue private „Sound of Music“-Museum in der Getreidegasse genügt nicht? Es ist nur gut, wenn dieses Thema in Salzburg mehrfach bespielt wird. Aber wir sollten schon etwas nach jenen Kriterien haben, wie internationale Museen es machen.
„Dieses zusätzliche Angebot liefe unter ,Belvedere in Salzburg‘.“ „Der Mirabellgarten ist für ,Sound of Music‘ ein idealer Standort.“
Die Landesregierung sagt nur zu, dass wir das gern organisatorisch unterstützen, aber finanzieren muss das die Salzburg Foundation selbst.
Seit Kontra.com ist die Aufnahmebereitschaft für Kunst im öffentlichen Raum anders geworden. Wenn ich an den umgedrehten Hubschrauber oder an das Teeren und Federn der Lüpertz-Statue erinnere – heute regt das keinen Menschen mehr auf. Im Gegenteil: Es gibt ein hohes Interesse an zeitgenössischer Kunst im öffentlichen Raum. Und ich finde den Kontrast zwischen historischer Schönheit der Stadt und zeitgenössischer Aufladung ausgesprochen spannend. Qualität geht immer mit Qualität. SN: Wird Anselm Kiefer für den Chiemseehof eine Skulptur schaffen? Ja, das ist zugesagt. Es gibt Entwürfe, wir sind in finalen Gesprächen, es gehört nur noch verschriftlicht. Der Chiemseehof soll nach der Sanierung für die Öffentlichkeit untertags geöffnet werden, es ist ja einer der schönsten Höfe der Altstadt. Voraussichtlich werden wir im Februar/März 2019 den Landtag wiedereröffnen. In einem zweiten Schritt wird eine Bronzeskulptur von Anselm Kiefer aufgestellt, voraussichtlich in April/Mai 2019. SN: Im Regierungsprogramm steht die Renovierung der Kirche des St.-Johanns-Spitals – warum nicht auch Dom, St. Peter und Franziskanerkirche? Diese Kirche im landeseigenen Krankenhaus, der SALK, ist ein vernachlässigtes Kulturobjekt, immerhin vom Barockarchitekten Fischer von Erlach. Und sie ist seelsorglich die wichtigste Kirche im Land: Hier beten Patienten und deren Angehörige. Daher habe ich mich dahintergeklemmt, die Renovierung zu ermöglichen – nächstes Jahr sollte es fertig sein.