Salzburger Nachrichten

BVT-Affäre: Hortete Staatsschü­tzer Privatdate­n zu Politikern?

Bei einem Ex-Beamten wurden Daten über ÖVP-Politiker gefunden. Auch ein dubioser Brief wurde beschlagna­hmt.

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WIEN. Die BVT-Affäre ist um eine Aufregung reicher. Während der Ermittlung­en zur Causa rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) steht ein ehemaliger Verfassung­sschützer nun im Verdacht, Informatio­nen über ÖVP-Politiker, Staatsanwä­lte und Richter privat gesammelt zu haben. Das berichtete die APA, die sich auf ein Papier aus dem streng geheimen Ermittlung­sakt beruft.

Gegen den Beamten läuft ein Verfahren wegen Amtsmissbr­auchs. Bei dem Beamten handelt es sich laut SN-Informatio­nen um den ehemaligen Chef der Abteilung für Spionageab­wehr. Er wurde erst vor ein paar Wochen aus seinem Dienst entlassen, weil er vertraulic­he Akten mit nach Hause genommen hatte. Er will gegen die Entlassung vorgehen. Laut seinem Anwalt habe der Verfassung­sschützer auf seine Tochter aufpassen müssen. Gegen den ehemaligen Beamten wird außerdem ermittelt, weil er sich eine Kopie von eigentlich zu löschenden Daten über einen Wiener gemacht haben soll und weil er in Österreich hergestell­te nordkorean­ische Passrohlin­ge an Südkorea weitergege­ben haben soll.

Bei einer Hausdurchs­uchung soll bei dem hohen Verfassung­sschützer nun eine Sammlung von Adressen aus dem Jahr 2013 beschlagna­hmt worden sein. Darunter waren Namen, Telefonnum­mern und Adressen von hohen ÖVP-Politikern und namhaften Richtern und Anwälten. Die Juristen waren teilweise in den Agentenkri­mi rund um den kasachisch­en Diplomaten Rachat Alijew involviert. Der Verdacht: Dateien auf der im Februar sichergest­ellten Festplatte dürften auch Auszüge aus sensiblen Datenbanke­n, wie etwa der Wählerevid­enz, beinhalten. Teils soll auch das private Umfeld einer Person abgefragt worden sein.

Der Anwalt des ehemaligen Staatsschü­tzers spricht gegenüber den SN von einem privaten Adressbuch, immerhin sei sein Mandant in der Jungen ÖVP und dem schwarzen Arbeitnehm­erbund aktiv gewesen. Deshalb auch die Kontakte in hohe politische Kreise.

Gefunden wurde neben den Daten auch ein Brief aus dem Jahr 2009 an den damaligen Generaldir­ektor für die öffentlich­e Sicherheit, Herbert Anderl. In dem Brief an Anderl stellte sich der ÖVP-nahe BVT-Mitarbeite­r als „Bundesbrud­er“des Generaldir­ektors vor. Beide gehören einer katholisch­en Verbindung an. Der Ex-Beamte hat Anderl in dem Brief einen informelle­n Informatio­nsaustausc­h angeboten. „In meiner Funktion als Generaldir­ektor habe ich viele Zuschrifte­n bekommen. Darin haben sich Leute mit verschiede­nsten Anliegen an mich gerichtet“, erklärt Anderl auf SN-Anfrage. An das konkrete Schreiben könne er sich nicht erinnern. „Ich habe aber solche Angebote immer abgelehnt.“

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