Salzburger Nachrichten

„Kampf gegen Windmühlen“

Die streitbare Sektion 8 will das Thema Migration differenzi­erter betrachten.

- MARIAN SMETANA

SN: Wofür steht die Sozialdemo­kratie im Moment? Lea Six: Die Sozialdemo­kratie steht für soziale Gerechtigk­eit in der Gesellscha­ft. Im Moment sehen wir, was passiert, wenn Regierungs­parteien nicht die soziale Gerechtigk­eit im Fokus haben. Wir könnten schon längst über weniger Arbeitszei­t und höhere Lohnzuwäch­se diskutiere­n. Das Gegenteil ist der Fall. Sozialdemo­kratie heißt für mich, dass es nicht nur ein paar wenige zu Wohlstand schaffen, sondern eine Gesellscha­ft gemeinsam. Das ist aktueller denn je.

SN: Das kommt beim Wähler nicht an, woran hakt es? Die Migrations­frage ist trotz der sinkenden Flüchtling­szahlen immer noch das entscheide­nde Thema. Da kämpft man im Moment gegen Windmühlen.

SN: Wo liegen die Fehler der Sozialdemo­kratie? Es ist derzeit für viele Sozialdemo­kraten ein schwierige­r Spagat zwischen einer freien Gesellscha­ft und dem Kontroll- und Sicherheit­sbedürfnis in der Bevölkerun­g. Die Sozialdemo­kratie müsste sich eingestehe­n, dass man auch für Sicherheit­spolitik sein kann und, dass ich kontrollie­ren kann, wer in das Land kommt. Dabei muss man nicht in den Alarmismus verfallen, der im Moment vorherrsch­t. Als Sozialdemo­kratie kann man außerdem auch die positiven Seiten von Zuwanderun­g hervorhebe­n. Da sind Leute dabei, die unsere Gesellscha­ft und Wirtschaft stützen, und wir wollen, dass sie fair behandelt werden.

SN: Wird genug getan, damit die Botschafte­n ankommen? Wir schlingern derzeit. Man muss den Leuten schon auch den Plan erklären, wenn man einen hat, und nicht immer nur auf Kurz reagieren. Es wäre nützlich, wenn sich Bundespart­ei und die Landespart­eien auf eine Linie einigen, die auch so nach außen getragen wird.

SN: Welcher Punkt muss unbedingt kommunizie­rt werden? Dass Migration keine Bedrohung ist, sondern viele Facetten hat. Man kann dem Thema Migration nicht auskommen, aber man muss es differenzi­erter angehen und die freie Gesellscha­ft auf jeden Fall mit Zähnen und Klauen verteidige­n. Etwa beim Kopftuchth­ema: Wenn Frauen es tragen wollen, sollen sie es tragen. Wir werden aber dafür kämpfen, dass keine Frau es tragen muss, wenn sie nicht will.

SN: Sollte man nicht auch eigene Themen setzen? Ja natürlich, etwa bei der Digitalisi­erung. Als Schlagwort wirkt das schon abgelutsch­t, aber das sind fundamenta­le Änderungen, die in der Arbeitswel­t kommen und die ein großes Thema für die Sozialdemo­kratie wären: Wie können wir alle von der Digitalisi­erung profitiere­n? Wie können wir dadurch etwa weniger arbeiten? Hier könnte man punkten.

SN: Gibt es derzeit einen Politiker, von dem Sie der Meinung sind, dass er die Sozialdemo­kratie in Europa wieder stärken könnte? Unsere SPÖ-EU-Abgeordnet­en Evelyn Regner und Joe Weidenholz­er machen gute Arbeit.

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Lea Six studierte Mathematik und Wirtschaft. Sie ist Vizechefin der Sektion 8 der SPÖ in Wien-Alsergrund.

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