„Kampf gegen Windmühlen“
Die streitbare Sektion 8 will das Thema Migration differenzierter betrachten.
SN: Wofür steht die Sozialdemokratie im Moment? Lea Six: Die Sozialdemokratie steht für soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Im Moment sehen wir, was passiert, wenn Regierungsparteien nicht die soziale Gerechtigkeit im Fokus haben. Wir könnten schon längst über weniger Arbeitszeit und höhere Lohnzuwächse diskutieren. Das Gegenteil ist der Fall. Sozialdemokratie heißt für mich, dass es nicht nur ein paar wenige zu Wohlstand schaffen, sondern eine Gesellschaft gemeinsam. Das ist aktueller denn je.
SN: Das kommt beim Wähler nicht an, woran hakt es? Die Migrationsfrage ist trotz der sinkenden Flüchtlingszahlen immer noch das entscheidende Thema. Da kämpft man im Moment gegen Windmühlen.
SN: Wo liegen die Fehler der Sozialdemokratie? Es ist derzeit für viele Sozialdemokraten ein schwieriger Spagat zwischen einer freien Gesellschaft und dem Kontroll- und Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung. Die Sozialdemokratie müsste sich eingestehen, dass man auch für Sicherheitspolitik sein kann und, dass ich kontrollieren kann, wer in das Land kommt. Dabei muss man nicht in den Alarmismus verfallen, der im Moment vorherrscht. Als Sozialdemokratie kann man außerdem auch die positiven Seiten von Zuwanderung hervorheben. Da sind Leute dabei, die unsere Gesellschaft und Wirtschaft stützen, und wir wollen, dass sie fair behandelt werden.
SN: Wird genug getan, damit die Botschaften ankommen? Wir schlingern derzeit. Man muss den Leuten schon auch den Plan erklären, wenn man einen hat, und nicht immer nur auf Kurz reagieren. Es wäre nützlich, wenn sich Bundespartei und die Landesparteien auf eine Linie einigen, die auch so nach außen getragen wird.
SN: Welcher Punkt muss unbedingt kommuniziert werden? Dass Migration keine Bedrohung ist, sondern viele Facetten hat. Man kann dem Thema Migration nicht auskommen, aber man muss es differenzierter angehen und die freie Gesellschaft auf jeden Fall mit Zähnen und Klauen verteidigen. Etwa beim Kopftuchthema: Wenn Frauen es tragen wollen, sollen sie es tragen. Wir werden aber dafür kämpfen, dass keine Frau es tragen muss, wenn sie nicht will.
SN: Sollte man nicht auch eigene Themen setzen? Ja natürlich, etwa bei der Digitalisierung. Als Schlagwort wirkt das schon abgelutscht, aber das sind fundamentale Änderungen, die in der Arbeitswelt kommen und die ein großes Thema für die Sozialdemokratie wären: Wie können wir alle von der Digitalisierung profitieren? Wie können wir dadurch etwa weniger arbeiten? Hier könnte man punkten.
SN: Gibt es derzeit einen Politiker, von dem Sie der Meinung sind, dass er die Sozialdemokratie in Europa wieder stärken könnte? Unsere SPÖ-EU-Abgeordneten Evelyn Regner und Joe Weidenholzer machen gute Arbeit.