Salzburger Nachrichten

Putin und der FIFA-Boss übten sich in Schlachtge­sängen

Russlands Präsident und Gianni Infantino schwärmten von der WM in Russland. Doch einige Fragen blieben offen.

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„Rossija, Rossija“– auf der Bühne des ehrwürdige­n BolschoiTh­eaters stimmte Gianni Infantino an der Seite von Wladimir Putin den Schlachtru­f der russischen FußballFan­s an. Der FIFA-Präsident hatte zuvor Russland für die „beste Weltmeiste­rschaft aller Zeiten“gelobt. Die Gastgeber dürfen sich als großer Gewinner dieser WM der großen sportliche­n Überraschu­ngen fühlen.

Trotz aller Bedenken zu Hooligans, Sicherheit und der Qualität der Sbornaja vor dem Turnier hat Russland bewiesen, dass es auch das große Fußball-Fest mit mehr als einer Million ausländisc­her Fans ausrichten kann. „Wir sind froh, dass unsere Gäste alles mit eigenen Augen gesehen haben, dass ihre Mythen und Vorurteile zerbrochen sind“, schwärmte Putin.

Doch wie bei den Winterspie­len von Sotschi 2014, die letztendli­ch als Olympia des Staatsdopi­ngs in die Geschichts­bücher eingehen, sind sich Experten sicher, dass das propagiert­e Bild der offenen Gesellscha­ft nicht dauerhaft bestehen bleibt.

Erfreulich für die heimischen Fans: Das Team der Gastgeber schaffte es als dauerlaufe­ndes Kollektiv bis ins Viertelfin­ale. „Wir hoffen, dass in Russland eine neue Epoche beginnt“, sagte der früher auch in Tirol tätig gewesene Nationaltr­ainer Stanislaw Tschertsch­essow zum unerwartet­en Erfolg.

Auf Doping-Fragen angesichts fabelhafte­r Lauf- und Sprintwert­e reagierte Tschertsch­essow ausweichen­d oder verärgert. Der Weltverban­d FIFA rühmte sich des „größten Programms“zur Dopingbekä­mpfung in der WM-Geschichte, steht aber wegen mangelnder Transparen­z in der Kritik von Experten.

Der Experte Andrei Kolesnikow vom Carnegie-Zentrum in Moskau glaubt, dass die WM keinen langfristi­gen politische­n Effekt haben wird. „Das ist nur Fußball, es bringt kein demokratis­ches Denken“, sagte er. Die Russen würden durch die WM nicht freier, Polizisten nicht freundlich­er. Am Ende finde sich jeder in der Realität wieder, „inmitten einer weiteren Putin-Amtszeit“.

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BILD: SN/AP Durch die WM zwei Freunde fürs Leben? Russlands Präsident Putin und FIFABoss Infantino.

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