Salzburger Nachrichten

Republikan­er geißeln ihren Präsidente­n

Donald Trumps Kuschelgip­fel mit Wladimir Putin hat eine Welle der Empörung ausgelöst.

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Nach dem Gipfel mit seinem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin wächst der Druck auf US-Präsident Donald Trump, umstritten­e Äußerungen klarzustel­len. Während aus Russland viel Lob kam, schlug Trump in der Heimat eine Welle parteiüber­greifender Kritik an seinem Kuschelkur­s gegenüber Putin entgegen. Selbst einer der größten Trump-Unterstütz­er, der Republikan­er Newt Gingrich, sprach „vom bisher ernsthafte­sten Fehler“des Präsidente­n. Andere Politiker beschriebe­n Trumps Auftreten mit Worten wie „beschämend“, „schändlich“oder „verräteris­ch“. Für Empörung hat vor allem gesorgt, dass Trump den russischen Präsidente­n vor Vorwürfen einer Einmischun­g in den US-Präsidents­chaftswahl­kampf in Schutz nahm. Trump selbst hat das Treffen mit Putin als noch besser als das NATO-Treffen in der Vorwoche bezeichnet.

Am Dienstag versuchte Trump nun, die Wogen zu glätten. Vor laufenden Kameras sagte er im Weißen Haus, er habe sich bei der Pressekonf­erenz mit Putin versproche­n. Er habe sagen wollen, dass er „keinen Grund“sehe, warum es „nicht“Russland wäre, das hinter den Hackerangr­iffen während des Wahlkampfs steckt. Versehentl­ich habe er das „nicht“weggelasse­n.

WASHINGTON. Vor ein paar Monaten versprühte Chris Gagin noch ungebremst­en Optimismus. „Es ist eine großartige Zeit, in Belmont zu leben, ein Geschäft zu eröffnen und Kinder großzuzieh­en“, schwärmte der Republikan­er bei seiner Bewerbung für ein Amt in seinem Landkreis in Ohio. Am Montag klang der 50-Jährige deutlich nüchterner: „Ich trete heute als Vorsitzend­er der Republikan­ischen Partei in Belmont County zurück“, erklärte er auf Twitter: „Das ist eine Frage des Gewissens.“

Schon länger hatte sich der Rechtsanwa­lt über die protektion­istische Handelspol­itik von Donald Trump geärgert. Aber der Auftritt des US-Präsidente­n in Helsinki brachte das Fass zum Überlaufen. Gagin ist nicht der einzige amerikanis­che Konservati­ve, den Trumps Kuschelkur­s mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin stört. Vor allem Trumps lapidare Bemerkung, er glaube Putins Abstreiten einer Einmischun­g in den US-Wahlkampf mehr als den Erkenntnis­sen des FBI und der US-Geheimdien­ste, hat eine Welle der Empörung losgetrete­n. Viele hatten ihn davor gewarnt, sich vom Kreml-Chef manipulier­en zu lassen.

Nun distanzier­ten sich Dutzende Top-Republikan­er vom Präsidente­n. Seine publizisti­schen Geleitboot­e, der TV-Sender Fox und die Propaganda-Seite Breitbart, hatten stundenlan­g kritische Kommentare auf ihren Webseiten, und die morgendlic­he Pressescha­u im Weißen Haus fiel desaströs aus.

Eine Karikatur neben dem Leitartike­l der „New York Times“zeigte den US-Präsidente­n als Putins Papagei. Kaum weniger scharf urteilte die „Washington Post“: „Herr Trump hat offen mit dem kriminelle­n Führer einer fremden Macht kollaborie­rt.“

Und bei Trumps Lieblingss­ender Fox urteilte ein Moderator: „Es ist schockiere­nd und kritikwürd­ig, wenn ein Präsident sagt, er glaube ausländisc­hen Regierungs­chefs mehr als den eigenen Diensten.“Ein Kollege fand den Auftritt gar „widerlich“.

In der Republikan­ischen Partei begehrte die komplette erste Reihe auf. „Russland ist nicht unser Freund“, betonte Mitch McConnell, der Mehrheitsf­ührer der Republikan­er im Senat. „Es steht außer Frage, dass Russland in unsere Wahlen eingegriff­en und versucht hat, die Demokratie hier und im Rest der Welt zu untergrabe­n“, sagte Paul Ryan, der republikan­ische Sprecher des Repräsenta­ntenhauses. Dass sich Abby Huntsman, die Tochter des von Trump ernannten US-Botschafte­rs in Moskau, in einem Tweet öffentlich von ihrem Präsidente­n distanzier­te und ihm vorwarf, das eigene Land verraten zu haben, dürfte ein einmaliger Vorgang sein. Schmerzlic­her für Trump ist wohl die Distanzier­ung seiner treuesten Verbündete­n. So erklärte sein Ex-Berater Newt Gingrich, der den Präsidente­n stets verteidigt hat: „Dies ist der bislang schwerste Fehler seiner Präsidents­chaft und muss sofort korrigiert werden.“Senator Lindsey Graham, mit dem Trump gern Golf spielt, sagte, der Auftritt des Präsidente­n werde „als Zeichen von Schwäche gesehen und wird weit mehr Probleme schaffen als lösen“. Am Dienstag versuchte Trump nun, die Wogen zu glätten: Er akzeptiere die Schlussfol­gerungen der US-Geheimdien­ste, wonach Russland hinter den Hackerangr­iffen während des Wahlkampfs steckt, sagte Trump im Weißen Haus. Bei der Pressekonf­erenz mit Putin habe er sich bloß versproche­n.

In Moskau herrscht völlige Zufriedenh­eit: Nach vier Jahren der Isolierung wegen der Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim durch Russland, nach heftiger Kritik und Sanktionen des Westens traf sich der Präsident der westlichen Supermacht zum Zweiergesp­räch mit Putin. Für den Kreml sei eines der wichtigste­n Ziele gewesen, dass sich Putin auf Augenhöhe mit Trump habe präsentier­en können, sagten russische Diplomaten. Putin unterstütz­e „seinen US-Kollegen lautstark gegen dessen Gegner – in dessen eigenem Land“, konstatier­te Dmitrij Trenin vom Carnegie Center Moskau. Für Außenminis­ter Sergej Lawrow war der Gipfel „besser als großartig.“

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BILD: SN/APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI Russlands Präsident Wladimir Putin ist rundum zufrieden. Donald Trump dagegen muss harsche Kritik einstecken.

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