Freihandel fair zu gestalten ist ein Balanceakt
Der Freihandelsvertrag der EU mit Japan zeigt, dass Politiker lernfähig sind. Aber nichts hindert sie daran, noch klüger zu werden.
Am Dienstag haben die offiziellen Repräsentanten von Japan und der Europäischen Union ihre Unterschriften unter den bisher größten Freihandelsvertrag zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken gesetzt. Dass die Verhandlungen nach mehr als vier Jahren Ende 2017 zu einem erfolgreichen Abschluss kamen, ist Donald Trump zu verdanken. Die Europäer, die sich seit 2013 um eine Öffnung des bislang stark abgeschotteten japanischen Markts bemühten, profitierten davon, dass der US-Präsident als eine seiner ersten Amtshandlungen im Jänner 2017 das fertig verhandelte pazifische Freihandelsabkommen TPP mit elf anderen Staaten aufkündigte. Erst dieser Schritt veranlasste die Japaner, ihre Hinhaltetaktik zu ändern und zügig zu verhandeln. Nun feiert Japans Premier Shinzo Abe das JEFTA-Abkommen als „historische Errungenschaft“, die EU und Japan würden damit zu den „Fahnenträgern des Freihandels“.
Dass sich jemand laut und deutlich zum freien Handel bekennt, ist wichtig in Zeiten, in denen andernorts der Protektionismus als die einzige richtige Antwort auf Handelsbilanzdefizite propagiert wird. Ob ein Land Vorteile aus dem Freihandel zieht, lässt sich aber nicht allein an der Handelsbilanz ablesen. Positive Effekte zeigen sich auch anderswo, etwa in der Arbeitslosenstatistik, weil der freie Handel Jobs sichern kann. Oder bei den Einkommen, weil Bürger durch günstigere Produkte weniger für den Konsum ausgeben müssen. Das ist kein Selbstläufer, die Vorteile des Freihandels muss man sich erarbeiten, ein ständiger Ansporn für alle Wirtschaftstreibenden.
Aber der freie Handel verläuft nicht automatisch fair. Genau deshalb, um negative Folgen abzufedern, gibt es Handelsverträge. Sie sind das Mittel der Politik, die Früchte des Freihandels so gerecht wie möglich zu verteilen. Das gelingt manchmal gut, manchmal weniger gut. Daher kann man Einwände der Kritiker nicht leichtfertig vom Tisch wischen. Etwa die Gefahr, dass Standards beim Umweltschutz oder der Ernährungssicherheit unterlaufen werden oder das Rechtssystem umgangen wird. Da hat die EU gelernt. Im Vertrag mit Japan ließ man Investorenschutz und Streitbeilegung außen vor. Aber nichts hindert Politiker, es noch besser zu machen. Nicht zu vergessen: Es gehört aber auch zum Wesen von Verträgen, dass man sie kündigen kann, wenn ein Partner dagegen verstößt oder sich ungerecht behandelt fühlt. Auch das kann man von Trump lernen. Ob es in der Folge gelingt, einen „besseren Deal“zu machen, wie er es verspricht, steht freilich auf einem anderen Blatt.