Die Adler starten auf neuen Wegen durch
Stefan Kraft und Michael Hayböck haben die vergangene Pleiten-, Pech- und Pannensaison hinter sich gelassen und starten mit einem neuen Cheftrainer neu durch – auch mit für sie bisher unbekannten Methoden.
Stefan Kraft und Michael Hayböck lassen sich nach der Pleiten-, Pech- und Pannensaison auf bisher unbekannte Trainingsmethoden ein.
Österreichs Skispringer heben wieder ab: Am Wochenende beginnt in Wisla (POL) die Sommer-GrandPrix-Serie. Wie die Vorbereitung auf eine Saison, in der mit der Heim-WM in Seefeld ein echtes Spektakel wartet, läuft und welche Wege der neue Cheftrainer Andreas Felder mit den zuletzt arg gerupften ÖSV-Adlern beschreitet, erzählen Stefan Kraft und Michael Hayböck in einem SN-Doppelinterview. SN: Sind Sie schon im Wettkampfmodus?
Kraft: Ich bin sicher noch nicht in der Topform, die ich mir wünschen würde, bin in der Vorbereitung bisher aber auch relativ wenig gesprungen. Dennoch freue ich mich, nach einer sehr langen Trainingsphase endlich einmal wieder wettkämpfen zu können. Wir sind seit Mitte April durchgehend im Trainingsmodus, haben einen Gletscherkurs auf über 3000 Metern in Tirol absolviert und waren auch sonst viel unterwegs mit Trainingskursen in Eisenerz, Oberstdorf, Villach, Planica und Faak am See. Hayböck: Man merkt, dass jeder im Team voll motiviert ist. Jeder will etwas weiterbringen. Ein Wettkampf hilft, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen: Wo stehe ich im Vergleich zur Konkurrenz? Und wie funktioniert mein Material? SN: Im Trainerteam der Nationalmannschaft ist alles neu: Andreas Felder als Chef, Florian Liegl und Florian Schabereiter als Co-Trainer. Was hat sich dadurch für Sie verändert? Hayböck: Mit Andi (Felder/zuvor ÖSV-Damentrainer, Anm.) hatten wir vorher nicht viel zu tun. Flo Schabereiter, der ja auch unser neuer Stützpunkttrainer in Salzburg ist, kenne ich hingegen sehr gut, allerdings nicht als Trainer. Ich habe mit ihm vier Jahre lang ein Zimmer im Skigymnasium in Stams geteilt. Mit beiden war von Beginn an eine sehr gute Kommunikation da. Andi ist ein sehr direkter Mensch. Er sagt ausnahmslos immer, was er denkt, und er erzählt gern unterhaltsame Geschichten aus der Zeit seiner Skisprung-Karriere. Ich denke, wir haben schnell zusammengefunden und damit eine sehr gute Basis gelegt. Skispringen wird unter Andi Felder wieder anders gelebt. Kraft: Die Trainer fragen auch immer um die Meinung der Athleten und binden uns damit aktiv in die Trainingsplanung ein. SN: War der Trainerwechsel von Heinz Kuttin zu Andreas Felder nach der enttäuschenden Saison unumgänglich? Kraft: Ich bin überzeugt, dass wir das auch mit dem Heinz wieder hinbekommen hätten. Wir haben ja gewusst, dass wir ein paar Dinge ändern müssen. Letztendlich gehört es aber zu den Prinzipien im Spitzensport: Wenn ein Trainerwechsel passiert, hört man als Athlet wieder genauer hin. Und ein neuer Trainer schaut auch wieder genauer hin. Aus dem Fußball kennt man das ja – diesen Trainereffekt. Hayböck: Das Hauptthema in der vergangenen Saison war, dass wir in der Vorbereitung viel mit einem neuen Hartschalenschuh experimentiert haben. Wenn du aber insgesamt nur auf etwa 150 Sommersprünge kommst, bleibt nicht viel Zeit, dass sich Dinge entwickeln. Zumindest bei mir ist das überhaupt nicht so aufgegangen, wie ich mir das erhofft habe. Am Ende bin ich, ebenso wie der „Krafti“, wieder auf den bewährten Sprungschuh aus Leder umgestiegen. Daher heißt es jetzt umso mehr: einen guten Plan zurechtlegen und die begrenzte Zeit im Sommer optimal nützen. Dennoch wollen wir uns vor Neuem nicht verschließen. SN: Das wäre …? Hayböck: Wir haben in den vergangenen Jahren Leichtathletik-Kurse absolviert und auch Eishockey gespielt, das neue Trainerteam legt den Fokus wieder mehr auf das Ski- springen, auf eine saubere Struktur des Bewegungsablaufs. Darüber hinaus gibt es in den Trainingskursen täglich um 6.15 Uhr Morgensport, Qigong und ein Sonnengebet. Das geht schon ins Spirituelle. So ist der Andi Felder eben auch. Kraft: Für mich ist das etwas völlig Neues. In den Trainingskursen finde ich es gut, weil du schon in der Früh aktiviert und insgesamt wacher bist, daheim habe ich es ehrlich gesagt noch nie gemacht. Fanatisch werde ich diesbezüglich bestimmt nicht werden (lacht). SN: Am vergangenen Wochenende haben Sie außerdem eine Tour in den Bergen um Seefeld unternommen. Haben Sie die WM 2019 schon im Blick? Kraft: Eine Heim-WM erlebt man wahrscheinlich nur ein Mal in seiner Karriere. Insofern ist das schon richtig cool, was uns da im Februar 2019 erwartet. Schon jetzt der WM alles unterzuordnen wäre aber völlig falsch. Zuvor gibt es auch noch die Vierschanzentournee – und ab diesem Wochenende eben den Sommer-Grand-Prix. SN: In den Sie beide mit welchen Erwartungen starten? Kraft: Ziel sind die Top 10. Dann weißt du, dass du gut dabei bist, und hast immer noch Reserven beim Gewicht oder beim Material. Noch wichtiger als die Platzierung ist es allerdings, einen ersten internationalen Vergleich zu bekommen. Ich will aus diesen Wettkämpfen für den Winter lernen. Hayböck: Der Sommer-Grand-Prix passt eigentlich perfekt in die Vorbereitung: Läuft es gut, startest du mit einem guten Gefühl und Selbstvertrauen in den Weltcup. Läuft es weniger gut, ist es ein Wachrüttler, dass du bis zum Winter noch einigen Aufholbedarf hast. Der Gesamtsieg ist definitiv kein Thema, da wir beide nicht alle Sommerbewerbe springen werden.