„Wir vergessen immer, wie grausam wir sind“
Salzburger Festspiele holen Jan Lauwers für einen Machtkampf.
„Geschichte ist eine Lüge“, warnt der Theatermacher Jan Lauwers. Denn „wir vergessen immer, wie grausam wir sind und wie dumm wir reagieren“. In seiner Inszenierung der Oper über den Aufstieg Poppeas zur Kaiserin Roms für die Salzburger Festspiele wird er auf diese oft vergessene Grausamkeit hinführen. Alle Interpretationen dieses Werks Claudio Monteverdis, die er gesehen habe, seien „zu frivol, zu humorvoll“. Er hingegen erkenne darin keinen Humor, keine Ironie, vielleicht Sarkasmus oder Zynismus. „Aber Zynismus mag ich nicht“, versichert Jan Lauwers am Dienstag im Gespräch mit Journalisten. Denn „wenn eine Gesellschaft zynisch wird, ist sie tot“.
Die Geschichte dieser Oper über einen Machtkampf im alten Rom weckt seine Assoziation mit heute: „Wir sind umgeben von Diktatoren“, warnt Jan Lauwers. „Erdoğan möchte Theater zusperren, Trump hat kein Buch gelesen, Putin ist korrupt, und Europa ist schwach.“Das sei wie in den letzten Jahren – also vor dem Untergang – Roms.
Zurück zu seiner Sicht auf „L’incoronazione di Poppea“, die am 12. August im Haus für Mozart Premiere haben wird: Die Grausamkeit wird auch in Jan Lauwers Bühnenbild deutlich. Dafür hat er Körper und Leiber aus Barock- und Renaissance-Gemälden zu einem riesigen Bild montiert. Diese Gemälde seien wie die Musik Monteverdis, nämlich „grausam brutal und wunderschön“, sagt Jan Lauwers. Denn Monteverdi nutzt „Musik als Waffe gegen Grausamkeiten“. Überhaupt erachte er Kunst, Musik und Schönheit als „Waffen gegen die Vulgarität unserer Gesellschaft“. Dies sei einer der Gründe, warum Monteverdi aktueller sei denn je.