Teile sind nichts anderes als Teile
Heidi Specker: Fotografie, die mehr erzählt als das, was man sieht.
GRAZ. Woraus besteht die Stadt? Die 56-jährige deutsche Fotografin Heidi Specker beantwortet diese Frage unter anderem mit einer Bildserie, die den Titel „Teilchentheorie“trägt. Zu sehen sind auf diesen 1998 entstandenen Fotos grafisch anmutende Oberflächen von Architekturfassaden: geometrische Muster, herausgelöst aus ihrem Kontext, der Nachkriegsarchitektur. Speckers Bilder huldigen dem Ausschnitthaften und verweigern sich dem repräsentativen Charakter von (Architektur-)Fotografie.
In der Grazer Camera Austria sind Elemente verschiedener Bildserien Speckers zu sehen, der Titel der Ausstellung ist kurz und bündig, klar und aussagekräftig: „Fotografie“. In der Serie „Teilchentheorie“stünden die Teile nicht für das Ganze, die Teile seien eben die Teile, sie würden ins Licht gerückt und erhielten völlig hierarchielos Aufmerksamkeit, sagt Reinhard Braun, der Kurator der Ausstellung. Inhaltliche Interpretationen, etwa dass diese Details von Betonbauten die Neubewertung dieser Architektur vorweggenommen hätten, sind freilich möglich, aber nicht zwingend. Es sind einfach frei fließende Formen, ein Helldunkelgeklimper mit einer rhythmischen Qualität.
Wer durch die Grazer Ausstellung geht, sieht an den Wänden Ausschnitte aus dem Alltagsleben. Meist höchst unspektakulär, wie etwa die mehrteilige Serie einer Bahnhofsuhr, die unterschiedliche Zeiten anzeigt, die Ansicht bunter Steine oder das Licht einer Straßenlaterne, die die Dunkelheit erhellt. Andere Bilder, wie etwa jenes von zwei Fliegen auf einer Glasscheibe oder die Lichtreflexionen in einer Wasserlache, haben sogar Schnappschusscharakter.
Bilder wie diese sind stets Bestandteile von Serien, die immer auch zum Ziel haben, Reflexion über das Medium der Fotografie beziehungsweise deren Rezeption zu entfachen.
Specker setzt auf unterschiedliche Bildformate und bringt ihre Serien, die auf den ersten Blick wenig Gemeinsamkeiten haben, in einen Dialog. Das Publikum ist gefordert, Bezüge zu suchen, Bedeutungsebenen jenseits des Sichtbaren zu dechiffrieren. Kein immer leichtes, aber ein lohnenswertes Unterfangen. Ausstellung: