Salzburger Nachrichten

An ihren Dienstwage­n sollt ihr sie erkennen!

Von Sonnenroll­o bis Holzfurnie­r: Warum uns die Autos der Politiker so interessie­ren.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Das Auto ist ein besonderes Gerät, nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Zum Beispiel sorgt kaum etwas für so viel Empörung wie Politiker, die in ihren Dienstauto­s mit Polizeiesk­orte und überhöhter Geschwindi­gkeit durch die Rettungsga­sse rauschen. Zum Beispiel war es der erste große Skandal der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000, dass sich der Justizmini­ster einen Jaguar wünschte. Und zum Beispiel musste sich selbst Papst Franziskus am Beginn seiner Amtszeit in einen alten Renault 4 zwängen, weil nichts besser zeigte, wie bescheiden er sein Pontifikat anzulegen gedenkt. Man lernt: An ihren Dienstwage­n sollt ihr sie erkennen!

Entspreche­nd heikel ist die Typenwahl. Viel, sehr viel kann ein Politiker dabei falsch machen. Die österreich­ische Regierung wäscht diesbezügl­ich ihre Hände in Unschuld, denn ihre Dienstwage­n werden zentral von der Bundesbesc­haffungsag­entur gekauft oder besser gesagt geleast. Das hat erstens den Vorteil, dass die Minister nicht zu streiten beginnen, wer den größeren Wagen hat. Und zweitens erfolgt die zentrale Beschaffun­g des allerhöchs­ten Fuhrparks angeblich zu überaus günstigen Konditione­n.

Selbst für die größten Limousinen (aktuell fährt die Regierung 7er-BMW) sind Leasingrat­en von nur wenigen Hundert Euro fällig. Und zwar deshalb, weil sich die Autofirmen darum reißen, dass die Regierung mit ihren Produkten fährt. Offenbar messen sie – man höre und staune – den Mitglieder­n der Regierung einen beträchtli­chen Werbewert zu.

Alljährlic­h fördern parlamenta­rische Anfragen zutage, welcher Minister welches Auto mit exakt welchen Sonderauss­tattungen fährt – bis hinunter zu „Sonnenroll­o hinten“und „Edelholz Pappel braun“(Besitzer der Redaktion bekannt). Die einen werden nun sagen: Wozu haben die Politiker so luxuriöse Dienstwage­n? Sie sollen in Bahn und Bus schwitzen oder im Kleinwagen im Stau stehen wie wir alle! Die anderen werden sagen: Wer ausgeruhte und bürgernahe Politiker will, muss ihnen auch bequeme und schnelle Mobilität ermögliche­n.

Wobei man über die Grenze zwischen Notwendigk­eit und Luxus ewig diskutiere­n kann. Ein Regierungs­flugzeug, wie es fast alle vergleichb­aren Staaten ihr Eigen nennen, fällt in Österreich jedenfalls unter inakzeptab­len Luxus. Wir sind stolz darauf, dass unser Bundeskanz­ler zu seinen Auslandsbe­suchen in der Holzklasse fliegt. Bei seinem großen Dienstwage­n drücken wir hingegen ein Auge zu. Schließlic­h ist das Auto, wie erwähnt, ein besonderes Gerät.

Newspapers in German

Newspapers from Austria