Franco muss umziehen
Die neue sozialistische Regierung Spaniens packt eines der dunkelsten Kapitel in der nationalen Geschichte an: die Franco-Diktatur.
MADRID. „Keine Demokratie kann es sich leisten, Denkmäler zu haben, die eine Diktatur verherrlichen – unsere auch nicht“, sagte Spaniens neuer Ministerpräsident, Pedro Sánchez. Das Monument, das der Sozialist beseitigen will, ist eine gigantische Berggruft für die sterblichen Überreste des faschistischen Diktators Francisco Franco. Die Grabstätte vor den Toren Madrids wurde bisher mit Steuergeld erhalten und dient als Wallfahrtsort für Rechtsradikale aus ganz Europa.
General Franco kam nach einem Putsch gegen die spanische Republik und seinem Sieg im Bürgerkrieg (1936–1939) an die Macht. Während seiner bis 1975 dauernden Herrschaft schrieb er eines der schwärzesten Kapitel der nationalen Geschichte. Die Opposition wurde systematisch verfolgt, Morde und Folter waren an der Tagesordnung. Das „Monument der Unterdrückung“, wie es Angehörige der Franco-Opfer nennen, ist weiß Gott kein Ruhmesblatt. Und deswegen will Sánchez, der Anfang Juni die konservative Regierung per Misstrauensvotum stürzte, das Franco-Monument in eine Gedenkstätte für den Bürgerkrieg und die Opfer der Diktatur umwidmen. Der Sarg des „Führers von Spanien“, wie sich Franco anreden ließ, soll in eine private Ruhestätte der Familie überführt werden. Es wäre ein wichtiger Schritt zur Bewältigung von Spaniens dunkler Vergangenheit.
„Ein Land, das in die Zukunft blickt, kann nicht in der Vergangenheit Schulden haben“, sagte Sánchez. Die Exhumierung Francos soll „in Kürze“stattfinden. Zunächst müssen noch Verhandlungen mit der katholischen Kirche geführt werden, da die Franco-Gruft Teil einer Basilika ist. Geredet werden muss wohl auch mit der Familie des Diktators sowie der einflussreichen Franco-Stiftung, die sich gemeinsam gegen die Umbettung des Tyrannen, den sie als „großen Staatsmann“bejubeln, wehren.
Die 260 Meter lange und bis zu 40 Meter hohe Basilika war während der Franco-Herrschaft von Tausenden Zwangsarbeitern in einen Berg rund 60 Kilometer nordwestlich von Madrid gehauen worden. Auf der Bergspitze verkündet ein 150 Meter hohes Granitkreuz, dass hier der „Generalísimo“ruht.
Bereits 2017 hatte das Parlament mit großer Mehrheit und bei Enthaltung der Konservativen beschlossen, das Franco-Denkmal, das seit Jahrzehnten die Nation spaltet, in ein Mahnmal für die Versöhnung zu verwandeln. Doch der frühere konservative Regierungschef Mariano Rajoy hatte sich geweigert, diesen – nicht bindenden – Entschließungsantrag umzusetzen. Er wolle keine „alten Wunden“aufreißen, meinte er.
Deswegen blieben zunächst auch die übrigen Forderungen dieses Parlamentsbeschlusses ohne Auswirkung. Dazu gehört: die Gründung einer Wahrheitskommission, um Licht in Spaniens unvollständige Geschichtsschreibung zu bringen. Die Annullierung politischer Urteile gegen Oppositionelle. Die Entfernung franquistischer Symbole und Straßennamen. All dies will Sánchez nun in Angriff nehmen.
Mehr als 100.000 Regimegegner wurden während des Bürgerkriegs und in den ersten Jahren der Diktatur hingerichtet und im ganzen Land in über 1000 Massengräbern verscharrt. Auch nach diesen Opfern soll jetzt gesucht werden, um ihnen eine würdige Ruhestätte zu verschaffen.