Wie fischt man das viele Plastik aus dem Meer?
Weltweit findet ein noch nie da gewesenes Wettforschen statt. Leider geht es oft an der Gesellschaft vorbei, weil es Bürger nicht ernst nimmt.
722 Eurofighter-Kampfflugzeuge oder 36 Mal Real Madrid, mit einem Wert von 2,76 Mrd. Euro der teuerste Fußballclub der Welt. Das könnte man sich für 100 Mrd. Euro kaufen. Die Beispiele zeigen, dass es sich um sehr viel Geld handelt, aber eben um eine begrenzte Summe, für die viel, aber auch nicht alles zu haben ist.
Das ist genau das Thema bei der künftigen Forschungsfinanzierung in der EU, die für Österreichs Wissenschafter und innovative Unternehmen sehr wichtig geworden ist und gerade auch von der österreichischen Ratspräsidentschaft mitverhandelt wird: 100 Milliarden Euro will die EU zwischen 2021 und 2027 für Forschung und Innovation ausgeben.
Kritiker sagen bereits, dass das angesichts des weltweiten „Wettforschens“zu wenig sei und 160 Milliarden Euro nötig seien. Denn insbesondere China, Südkorea und US-amerikanische Technologiekonzerne wie Amazon, Facebook und Apple stecken enorme Summen in Zukunftstechnologien und hängen Europa dabei ab. Ein gutes Beispiel dafür sind künstliche Intelligenz und Robotik: Allein die chinesische Stadt Xiangtan plant, zwei Milliarden US-Dollar in diese Themenfelder zu stecken. Ziel der chinesischen Regierung ist es, in künstlicher Intelligenz bis 2030 weltweit führend zu sein.
Die Frage ist, was die EU dem entgegenhalten kann: Geld ist nicht alles und man kann Erkenntnis und Fortschritt damit nur bedingt kaufen. Europa stünde es gut an, Forschung zu einem zentralen Werkzeug der Weiterentwicklung des europäischen Gesellschaftsmodells zu machen und noch stärker aus dem Elfenbeinturm herauszuholen. Im Gegensatz zu China geht es in der EU nicht darum, Forschung zu einem Instrument einer aufstrebenden Supermacht und Bürger mittels Datenüberwachung zu willfährigen Wesen zu machen. Vielmehr geht es darum, Forschung noch stärker als bisher in den Dienst der Bürger zu stellen: Wie fischt man die großen Plastikteppiche aus dem Meer, die jetzt dort schwimmen? Wie kann man wertvolle Rohstoffe einsparen oder in einer Kreislaufwirtschaft mehrmals nutzen? Wie werden die Maschinenfreunde des Menschen, ein solcher ist bereits jetzt das Smartphone, die Gesellschaft verändern und wie sehen künftige demokratische Gesellschaftsmodelle aus? So viele Themen sind ungelöst.
Es muss daher zentrales Ziel der nächsten Budgetperiode sein, der missionsorientierten Forschung einen neuen Platz zu geben. Und man muss – Stichwort Open Innovation – gleichzeitig die unmittelbar Betroffenen, Bürger, Patienten, Unternehmen, Verwaltung und Vereine tiefer und direkt in europäische Forschungsprojekte involvieren. Forschung muss im Alltag spürbar werden – das verlangt eine radikale Neuausrichtung der Forschungspolitik.