SPÖ: Die Suche nach der Identität
Zu „Die Kernthemen der Sozialdemokratie bleiben auf der Strecke“(SN, 14. 7.): Der Versuch einer Antwort zur „Krise der Roten“bleibt tatsächlich ein Versuch. Die Ursachen – so die Ansicht des früheren Kanzlers und SPÖ-Chefs Vranitzky – für die anhaltende Krise seiner Partei liegen in der Vergangenheit. Und laut Max Lercher haben Tony Blair und Gerhard Schröder schon vor langer Zeit den europ. sozialdemokratischen Kurs verbockt. Anstatt sich „auf die Seele der Sozialdemokratie zu besinnen“und die Interessen der Menschen zu vertreten – so Lerchers Urteil –, haben die marktwirtschaftlich orientierten Sozialdemokraten mehrheitlich der Wirtschaft gedient. Herr Vranitzky wird im Interview mit Andreas Koller noch konkreter und begründet die jetzige Malaise der SPÖ mit der Finanzkrise 2008, dem Verlust an Vertrauen in die gewohnten Ordnungen, den großen Wanderungsbewegungen sowie mit den Kriegen rund um Europa. Der Sozialstaat als Interessenausgleich zwischen Benachteiligten und Begünstigten habe den Anschluss verpasst.
Und im Gegensatz zu den Sozialdemokraten, die auf anspruchsvollere Antworten setzten, argumentierten die Rechten mit sehr einfachen Parolen und seien daher im Vorteil etc. Selbst gibt er auf die Fragen von Andreas Koller ebenfalls einfache Antworten. Auch nicht allzu anspruchsvoll, aber ebenso handlich wie die von Strache & Co. Vranitzky ignoriert dabei Wichtiges, was die Menschen in Österreich nicht tolerieren: nämlich das Verhalten und den festen Zugriff der roten Macher bei der Schaffung und Verteilung von einträglichen Jobs und des Einflusses bei Banken, Sozialund Pensionsversicherungen, bei verstaatlichten und staatsnahen Unternehmen, bei Institutionen und Interessenvertretungen Schreiben Sie uns! der unselbstständig Erwerbstätigen und dgl. Und das viele Jahre lang. Neben ihm selbst sind Gusenbauer, Faymann und Kern starke Vorbilder, wenn es um die eigene Tasche geht. Trotz nahezu hemmungsloser Verteilungspolitik, trotz Rekordverschuldung und -ausgaben für staatliche Unterstützungen und Geschenke hat die SPÖ Macht und Einfluss verloren und sucht schon seit Oktober 2017 eine neue Identität. Vielleicht liegt’s wirklich an schlechter Kommunikation oder an den Vorbildern? Josef Landlinger,