Trump lädt Putin ins Weiße Haus ein
Die Empörung nach Trumps Treffen mit Putin in Helsinki ist groß. Der US-Präsident verbucht es als Erfolg und drängt auf Wiederholung.
Dan Coats eilt der Ruf eines Gentleman voraus. Seine Kollegen schätzen den Senator aus Indiana wegen seiner ausgeprägten Höflichkeit. Als Botschafter von Präsident George W. Bush in Deutschland half ihm sein Auftreten, die Spannungen wegen der Irak-Invasion zu minimieren. Donald Trump machte ihn zum Koordinator der nationalen Geheimdienste, und auch in dieser Rolle fiel Coats bisher vor allem durch vornehme Zurückhaltung auf. Das hat sich seit dem Kuschelgipfel Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Helsinki geändert. Coats nimmt kein Blatt mehr vor den Mund. Er gibt sich nicht einmal Mühe, seine Kritik an der Anbiederung des US-Präsidenten an den ehemaligen KGB-Chef zu verstecken.
„Sagen Sie das noch einmal“, sagte der Geheimdienstler ungläubig, als er vor laufender Kamera bei einem sicherheitspolitischen Forum in Colorado darüber informiert wurde, dass Donald Trump soeben via Twitter eine Einladung Putins nach Washington ausgesprochen hatte. „Okaaaaay“, fügte Coats hinzu, holte tief Luft und schnitt eine Grimasse, als sei er zu Gast bei einer Unterhaltungsshow: „Das wird was ganz Besonderes.“Coats schmunzelte, das Publikum lachte. Sollten sich die Verbündeten in Europa vernachlässigt fühlen, weil das Weiße Haus um den Inhalt des Treffens zwischen Trump und Putin am Montag in Helsinki nach wie vor ein großes Geheimnis macht, mag das als kleiner Trost kommen: Der Politik in Washington geht es nicht besser. Normalerweise werden nach einem Gipfel Informationen mit Regierungsmitarbeitern und Schlüsselpolitikern im US-Kongress geteilt. Im Fall Trump scheint die Russland-Politik eine reine OneMan-Show zu sein – die des Präsidenten. Senator Lindsey Graham, wichtiges Mitglied im Verteidigungsausschuss und wie Trump ein Republikaner, sagte frustriert: „Ich habe keine Ahnung, ob irgendwelche Vereinbarungen getroffen wurden. Ich möchte das wissen.“Auch die oppositionellen Demokraten forderten Trump auf, vor dem zweiten Gipfel mit Putin zunächst aufzuklären, was er im Vieraugengespräch in Helsinki behandelt hat. Mittlerweile kursieren ernsthafte Vermutungen, wonach Trump ein von Russland geführter Agent sein könnte.
Die Stimmung in Washington dürfte sich nicht aufhellen, nachdem nun ausgerechnet von russischer Seite Stück für Stück Einzelheiten durchsickern. Moskau habe Vorschläge gemacht, wie man den Konflikt in der Ostukraine beenden könnte, sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow. Putin und Trump hätten die Möglichkeit eines Referendums besprochen. Details nannte er jedoch nicht. Russland sei grundsätzlich zu weiteren Treffen mit Trump bereit, sagte Antonow weiter. „Wir müssen aber zunächst das Treffen in Helsinki verarbeiten und verstehen, was zwischen den beiden Präsidenten erreicht worden ist.“
In Helsinki hatte Trump an der Seite Putins die Erkenntnisse der US-Geheimdienste angezweifelt, wonach sich Russland in die USWahlen 2016 eingemischt habe. Später sagte er, er habe sich versprochen. Geheimdienstkoordinator Coats erneuerte am Freitag seine Vorwürfe gegen die Russen: „Sie sind es, die versuchen, unsere Grundwerte zu untergraben, uns von unseren Alliierten zu entzweien, bei unserem Wahlprozess Chaos anzurichten.“Trump dagegen lobte sich im Gespräch mit dem TV-Sender CNBC: „Ich hatte ein unglaubliches Treffen mit Präsident Putin. Ich glaube, ich habe mich sehr gut geschlagen auf der Pressekonferenz, außer natürlich für die FakeNews-Medien.“Damit meint der Präsident Medien, die unabhängig und auch kritisch berichten und keine ausgemachten Fans von ihm sind. Nach drei Tagen mit Dementis, Zurückrudern, Klarstellungen und Schadensbegrenzung sagte er: Kein US-Präsident sei je so hart gegen Russland gewesen wie er. Putin wisse, dass er zum schlimmsten Feind, zum schlimmsten Albtraum für ihn werden könne.