Die digitalen Eingeborenen entern die nationale Nussschale
Österreichs Medienbranche vollzieht einen langsamen Wechsel der Generationen.
Vor acht Jahren ist mit Hans Dichand der letzte Mediengründer der österreichischen Nachkriegsära gestorben. Seine „Kronen Zeitung“ging allerdings erst 1959 an den (Neu-)Start. Sohn Christoph ist mittlerweile 53 und offiziell bereits seit 2003 Chefredakteur. Unterdessen fungiert Alexander Mitteräcker (45) schon eineinhalb Jahre als Alleinvorstand des 1988 von seinem Vater Oscar Bronner gegründeten „Standards“– wo der Nachfolger seit zwei Dekaden arbeitet.
In anderen Häusern übernimmt hingegen die dritte Generation das Ruder. Maximilian Dasch (35) ist seit 2013 in der Geschäftsführung der „Salzburger Nachrichten“und nun auch Vizepräsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Lorenz Cuturi (33) und seine Brüder bereiten sich als Führungskräfte im Medienhaus hinter den „Oberösterreichischen Nachrichten“auf die Nachfolge vor. Eugen B. Russ (32) tritt in die Geschäftsführung des aus den „Vorarlberger Nachrichten“entstandenen Konzerns ein. Er vertritt bereits die vierte Generation. Niki Fellner (33) hingegen entlastet als Chefredakteur für alle Kanäle seinen Vater Wolfgang, den Gründer der Gruppe um die erst 2006 entstandene Gratiszeitung „Österreich“.
Die illustre Runde von Mittdreißigern und Medienerben teilt mit dem zuständigen Minister Gernot Blümel (36) Alter und Sozialisierung. Das Internet begleitet sie seit Jugendjahren: Sie sind „Digital Natives“– Eingeborene der Online-Ära. Diese Generation hat weder die Bindung ihrer Vorväter zu Papier noch ein überholtes Ideal vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus dessen längst vergangenen Hoch-Zeiten. Solch anderes Aufwachsen sichert eine gemeinsame Gesprächsbasis, die dem seit 2007 amtierenden ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz (58) allein schon infolge der Ungnade seiner früheren Geburt fehlt.
Umso wichtiger sind die Querverbinder zwischen den traditionellen und digitalen Medien- welten. Das gilt nicht nur für jene, die altersmäßig dazwischenliegen – wie Mitteräcker, der vor allem die Gegenpole von Qualitätszeitung und Community-Agitation zu einem neuen Geschäftsmodell vereinen muss. Zur Bewältigung der rasanten Mediamorphose hilft auch der Außenblick auf eine lange allzu selbstzufriedene Branche. Markus Mair (53), Vorstand der hinter der „Kleinen Zeitung“stehenden StyriaGruppe, bringt ihn als gelernter Banker mit. Er ist der neue Präsident des Verlegerverbandes VÖZ – seit dem Rundfunkvolksbegehren 1994 der traditionelle Mit- und Gegenspieler des ORF. Nun sitzt er mit ihm zwangsläufig in einem Boot, unserer nationalen Nussschale in der Sturmflut aller globalen Umbrüche. Um diesen Orkan zu überstehen, benötigt es das Mittelmaß von ungestümem Vorwärtsdrang und erfahrenen Bewahrern.