Salzburger Nachrichten

Geht es noch herzloser?

- 4040 Linz

Der „Zwölf-Stunden-Tag“wurde ohne Begutachtu­ng beschlosse­n und nun ist zusätzlich zu befürchten, dass im kommenden Halbjahr aufgrund der Ratspräsid­entschaft mit den fast ausschließ­lich auf Flüchtling­s- und Sicherheit­sfragen fokussiert­en Themen einige ebenfalls beschlosse­ne Kürzungsma­ßnahmen im Sozialbere­ich unbeachtet bleiben. Folgende Zahlen stammen nicht von der Opposition oder von NGOs, sondern von Statistik Austria und dem Institut für Höhere Studien:

Wer keinen Pflichtsch­ulabschlus­s hat, muss künftig von 560 Euro im Monat leben. Betroffen davon sind besonders Familien mit mehr als zwei Kindern. Was als Abschrecku­ng für Migranten gedacht war, trifft jetzt auch Tausende österreich­ische Familien. 30% von ihnen können sich keine neuen Kleider kaufen, und wenn der Kühlschran­k kaputt wird, sind 75% von ihnen nicht in der Lage, einen neuen zu kaufen.

Nach einer konservati­ven Berechnung der oben genannten Institute haben zirka 130.000 Österreich­er und Österreich­erinnen keinen Pflichtsch­ulabschlus­s, sie sind drei Mal so oft wie andere von Armut betroffen und diese Armut wird an ihre Kinder weitergege­ben, das sind in Österreich aktuell 324.000.

Gleichzeit­ig sind weitere steuerlich­e Begünstigu­ngen für Vermögende und Konzerne in Höhe von mehreren Milliarden Euro geplant, obwohl unser Sozialsyst­em bereits mit 41,2% überwiegen­d von der arbeitende­n Bevölkerun­g getragen wird, während nur 1,4% aus vermögensb­ezogenen Steuern stammen. Wir liegen damit weit unter dem EUSchnitt von sechs Prozent. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern in Europa werden keine Erbschafts­steuern erhoben, und nach wie vor ist die Besteuerun­g auf Kapital verschwind­end gering oder wird nicht selten trickreich umgangen.

Auch vom an sich positiven und bereits beschlosse­nen „Familienbo­nus“profitiere­n leider auch wieder überwiegen­d nur die wohlhabend­eren Familien. Liebe Bundesregi­erung, geht’s noch herzloser und unmenschli­cher? Hans Riedler,

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