Salzburger Nachrichten

„Auch die besten Alpinisten können abstürzen“

- SALZBURG.

BREUIL-CERVINIA, Nach dem tödlichen Absturz zweier junger Pinzgauer wurden am Freitag Details zum Unfallherg­ang bekannt. Der 27-jährige Taxenbache­r und seine 25-jährige Freundin aus Unken hatten laut Meldungen von italienisc­hen Medien die Route von der italienisc­hen Seite über den Südwestgra­t, den sogenannte­n Liongrat (Cresta del leone), gewählt.

Sie stiegen am Dienstag vom Talort Breuil-Cervinia zur Berghütte Duca degli Abruzzi auf 2802 Meter Seehöhe auf. Am Mittwoch starteten sie in den frühen Morgenstun­den und erreichten gegen Mittag den 4478 Meter hohen Gipfel des Matterhorn­s.

Dort trafen sie auf einen Bergführer aus dem Aostatal, der mit seinem Vater und zwei Kunden auf dem Matterhorn unterwegs war. Die beiden Gruppen begrüßten und unterhielt­en sich auf Englisch. Der Bergführer und seine Begleiter brachen zuerst auf und beobachtet­en in der Folge das tragische Unglück: Im Bereich der Strickleit­er Scala Jordan, nur wenige Höhenmeter unterhalb des Gipfels, kam einer der beiden jungen Alpinisten zu Sturz. Da die beiden an einem Seil gingen, wurde auch die zweite Person in die Tiefe gerissen. Die Pinzgauer stürzten gut 1300 Meter weit ab, für sie kam jede Hilfe zu spät. Laut Aussage des Bergführer­s waren die Salzburger gut ausgerüste­t und sicher am Berg unterwegs. Er gab den Einsatzkrä­ften auch den Hinweis, dass es sich bei den Verunglück­ten um Ausländer handelte. Die Salzburger hatten keine Dokumente bei sich, weshalb sie erst am Donnerstag identifizi­ert werden konnten.

Laut italienisc­hen Medien sind seit Mitte Juni bereits sieben Menschen tödlich auf dem Matterhorn verunglück­t. Auf einem ähnlich prominente­n Berg, dem Mont Blanc, soll es seit März bereits 15 Tote gegeben haben.

Günter Karnutsch, der Präsident des Salzburger Bergführer­verbands, war selbst gut 30 Mal auf dem Matterhorn: „Die Begehungsz­ahlen auf Bergen mit großen Namen explodiere­n. Gleichzeit­ig werden die Berge durch den Klimawande­l instabiler und zerbröckel­n.“Der Permafrost ziehe sich zurück, daher gehe eine große Gefahr von Felsstürze­n aus.

Bergführer auf dem Matterhorn seien grundsätzl­ich nur mit einem Kunden am Seil unterwegs. „Das Gehen am kurzen Seil ist eine Bergführer­technik. Aber auch bei Bergführer­n ist es so, wenn der Kunde stürzt und ich stehe am falschen Fuß oder bin unachtsam, dann reißt er mich mit. Auch die besten Alpinisten können abstürzen, davor ist niemand gefeit.“

Ohne Begleitung eines Bergführer­s empfehle beispielsw­eise der Alpenverei­n das Gehen ohne Seil, sagt Karnutsch: „Es klingt makaber, aber dann ist bei einem Ausrutsche­r nur einer tot.“

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BILD: SN/WIKIMEDIA COMMONS/BERTUBERTU Die Scala Jordan am Liongrat des Matterhorn­s.
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