ÖSTERREICH
Wie können Opfer von Gewalt besser geschützt werden? Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) will künftig in Notfällen die Daten von Tätern automatisch an Hilfsstellen weiterleiten.
Wie können Opfer von Gewalt besser geschützt werden? Künftig sollen Hilfsstellen Daten von Tätern bekommen.
Diese Woche wurde bekannt, dass das Innenministerium das Projekt Marac zum Schutz von Gewaltopfern einstellt. Obwohl die Zahl der Morde, Mordversuche und Wegweisungen steigt. In Fallkonferenzen wurden bei Marac besonders gravierende Fälle häuslicher Gewalt besprochen. Die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler (ÖVP), bezieht Stellung.
SN: Was sagen Sie zur Kritik an der Abschaffung des Projekts Marac? Edtstadler: Ich kann die Kritik überhaupt nicht verstehen. Gerade bei Hochrisikofällen ist es wichtig, dass man sofort reagiert und Maßnahmen trifft. Die Fallkonferenzen haben nur ein Mal im Monat stattgefunden und es gab Besprechungen im Nachhinein. Man muss auch zwei weitere Dinge festhalten: dass sich die Staatsanwaltschaft nicht beteiligt hat und dass dieses Projekt nur für Wien gegolten hat. Aber wir wissen, dass Gewaltfälle überall passieren. Darum wollen wir im Zuge der Taskforce Strafrecht ein auf Österreich ausgerolltes Projekt. Das Ziel muss ein bestmöglicher Opferschutz sein, der den Frauen sofort unter die Arme greift. Schnell.
SN: Wie soll diese Soforthilfe im Ernstfall aussehen? Indem wir die rechtliche Grundlage schaffen. Diese funktioniert perfekt beim Gewaltschutz. Die Polizei gibt die Daten des Opfers an die Gewaltschutzzentren oder in Wien an die Interventionsstelle weiter, diese nehmen dann sehr sensibel Kontakt mit den Opfern auf. Aber was fehlt, ist die rechtliche Grundlage, um Täterdaten weiterzugeben.
SN: Sie wollen die Daten von Tätern künftig an Vereine weitergeben, die diesen helfen? Ja, das ist eindeutig der Plan. Es gibt keine rechtliche Grundlage, dass die Polizei die Täterdaten in Akutsituationen weitergeben darf. Aber Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden. Man muss auch den Täter in diese Arbeit miteinbeziehen. Die Polizei muss in der Lage sein, die Täterdaten an Vereine weiterzugeben, die dann mit dem Täter arbeiten. Und: Wir brauchen einheitliche Standards für diese Arbeit. Ich möchte all dies genauso systematisch aufstellen wie beim Opferschutz.
SN: Wie könnte das ausschauen? Es soll in jedem Bundesland zumindest eine Organisation geben, die sich darum kümmert und das übernimmt. Es gibt bereits tolle Vereine, aber diese arbeiten verteilt und nicht koordiniert.
SN: Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? Wir haben im September eine große Konferenz, wo wir die Ergebnisse der Taskforce zusammenführen. Mitte nächsten Jahres soll es einen Bericht an den Gesetzgeber geben, in dem ganz genau drinnen steht, in welchem Gesetz was geändert werden muss, um diese Zusammenarbeit möglich zu machen.
SN: Das Erkennen von Gewalt setzt auch eine gute Schulung von Polizisten voraus. Nun wurden die Unterrichtseinheiten beim Thema Gewalt in der Privatsphäre im Zuge der Polizeiausbildung zuletzt gekürzt. Wie sollen Täter und ihre Opfer dann erkannt werden? Es stimmt, wir haben „Gewalt in der Privatsphäre“in der Grundausbildung von 16 auf zwölf Stunden reduziert. Im theoretischen Block. Aber wir haben parallel dazu 16 Stunden modulares Training eingeführt, bei dem Fälle nachgespielt werden, was auf den Polizisten zukommen kann. Und dann gibt es noch zwölf Stunden rechtliche Grundlagen. Das ergibt 4o Stunden.