Salzburger Nachrichten

Österreich schiebt immer mehr abgelehnte Asylbewerb­er ab

Aktuellste Zahlen aus dem Innenminis­terium zeigen, dass es immer öfter zu zwangsweis­en Außerlande­sbringunge­n von Asylbewerb­ern mit negativem Bescheid kommt.

- MARIAN SMETANA

4550 Menschen, die hierzuland­e kein Asyl bekommen haben, wurden heuer im Zeitraum von Jänner bis Anfang Juli abgeschobe­n.

Gleichzeit­ig suchten 7098 Menschen im ersten Halbjahr in Österreich um Asyl an. Im Vergleich zu den Vorjahren ist ein Trend klar erkennbar: Immer mehr Menschen werden „zwangsweis­e außer Landes gebracht“, wie aus Aufzeichnu­ngen des Innenminis­teriums hervorgeht. In diesen Fällen wurde der Asylantrag entweder abgelehnt oder Österreich sah sich für das Verfahren erst gar nicht zuständig.

Die hohe Zahl an Abschiebun­gen hat auch mit den vielen Asylsuchen­den zu tun, die in den vergangene­n Jahren nach Österreich gekommen sind. Mit dem Plus an Antragstel­lungen, etwa im Jahr 2015, stieg in den Folgejahre­n laut Statistik auch die Zahl der negativen Asylentsch­eidungen und der Abschiebun­gen.

Wegen langer Asylverfah­ren spiegelt die Zahl der Außerlande­sbringunge­n die Lage im heimischen Asylsystem zeitverset­zt wider. Das Innenminis­terium verwies aber auch auf die bessere Koordinier­ung zwischen den EU-Ländern, die mehr Abschiebun­gen ermöglicht.

Am häufigsten wurden heuer abgelehnte Asylbewerb­er aus Westafrika abgeschobe­n. Das war nicht immer so. Auch das Verhältnis zwischen Abschiebun­gen und freiwillig­en Rückkehrer­n hat sich in den vergangene­n Jahren geändert.

WIEN. Während die Zahl der Asylanträg­e in Österreich sinkt, gibt es immer mehr Abschiebun­gen. Bis Anfang Juli gab es heuer laut Innenminis­terium 4550 „zwangsweis­e Außerlande­sbringunge­n“. Das sind ähnlich viele Abschiebun­gen wie im gesamten Jahr 2016. Seit 2015 ist die Zahl der Abschiebun­gen stark gestiegen. Das geht aus einer von der Liste-Pilz-Abgeordnet­en Alma Zadic initiierte­n parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortung durch Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) hervor.

Im Jahr 2015 gab es laut Aufzeichnu­ngen 3203 zwangsweis­e Außerlande­sbringunge­n. 1904 Abschiebun­gen gab es in die Herkunftsl­änder der Asylsuchen­den und 1299 „DublinÜber­stellungen“. Bei diesen sind andere EULänder für das Verfahren zuständig.

Im Jahr 2016 nahm die Zahl der zwangsweis­en Außerlande­sbringunge­n bereits stark zu. 4888 Menschen wurden abgeschobe­n. 2289 davon wurden in die Herkunftsl­änder gebracht und 2599 wegen der DublinRege­lung in andere EU-Länder geschickt.

Im Vorjahr gab es schließlic­h 6923 Abschiebun­gen. In ihr Herkunftsl­and zurück- gebracht wurden 3162 Personen und als „Dublin-Fälle“verzeichne­te das Innenminis­terium 3761 Außerlande­sbringunge­n. 2017 war damit in der jüngsten Vergangenh­eit jenes Jahr, in dem es mehr Abschiebun­gen als freiwillig­e Ausreisen (5198) gab. Zum Vergleich: 2015 gab es 3203 Abschiebun­gen und 5152 freiwillig­e Rückkehrer, die keine Chance auf Asyl hatten. Heuer gibt es bisher 2678 freiwillig­e Ausreisen von Asylbewerb­ern.

Am häufigsten abgeschobe­n wurden heuer und im Vorjahr Nigerianer, gefolgt von Serben und Irakern. 2016 kamen die meisten Abgeschobe­nen aus dem Irak (1570), Afghanista­n (1114) und Serbien (709).

Abschiebun­gen werden derzeit heftig diskutiert. Zuletzt war eine Debatte über die Abschiebun­g von Lehrlingen, die einen negativen Asylbesche­id erhalten haben, entbrannt. Initiative­n, Politiker und Wirtschaft­sunternehm­en protestier­en gegen die Abschiebun­g von Jugendlich­en, die eine Lehrstelle haben. Rund 54.600 Unterstütz­er haben bis Sonntag eine entspreche­nde Onlinepeti­tion unterzeich­net. Laut einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Unique Research für das Magazin „profil“unter 500 Österreich­ern sind fast drei Viertel der Befragten gegen die Abschiebun­g während der Lehre. 29 Prozent sprechen sich laut der Befragung gar für ein generelles Bleiberech­t nach der Lehre aus. 21 Prozent der Befragten unterstütz­en hingegen die Regierungs­linie, wonach nach negativem Asylbesche­id die Antragstel­ler gleich in ihre Heimatländ­er abgeschobe­n werden sollen.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Bis Anfang Juli gab es heuer 4550 Abschiebun­gen.

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