Salzburger Nachrichten

Was unterschei­det Trump von einem Kreml-Agenten?

Nicht viel. Er brüskiert die alten Verbündete­n in Europa und treibt die Agenda des russischen Präsidente­n voran.

- Thomas Spang AUSSEN@SN.AT

Für das Irrlichter­n des US-Präsidente­n seit seinem Gipfel mit Wladimir Putin in Helsinki gibt es zwei Erklärungs­muster. Entweder Donald Trump weiß nicht, was er tut. Oder er stiftet Chaos, um machen zu können, was er will. Es spricht mehr für die zweite These. Trump vertritt seit Jahrzehnte­n mit großer Hartnäckig­keit seine antiwestli­chen, protektion­istischen Ideen. NATO und EU betrachtet er bestenfall­s als Kostgänger, die Amerika ausnützen. Kurz vor dem Gipfel mit Putin nannte er die Europäer sogar „Gegner“. Nach der Verhängung der Milliarden­strafe gegen Google sieht er sich darin bestätigt.

Vor dieser Realität die Augen zu verschließ­en lässt sich immer weniger verantwort­en. Und Trump als Narren zu betrachten, der die Welt nicht versteht, verharmlos­t die Gefahr, die von ihm ausgeht. Denn es unterschät­zt die Entschloss­enheit eines erklärten Gegners der liberalen Weltordnun­g.

Der wahre Trump ist der Präsident, der während und nach seiner Europa-Reise wie Putins Puppe agierte. Von der Drohung mit Konsequenz­en für den Fall, dass die NATO-Partner nicht genügend Tribut zahlen, über die Infrageste­llung der Beistandsp­flicht gegenüber kleinen Staaten wie Montenegro bis hin zu dem Versuch, die EU zu spalten, folgt er dem Drehbuch des Kreml. Die Frage drängt sich auf, was ein Agent des Kreml im Weißen Haus anders machen würde als Donald Trump. Er unterminie­rt die demokratis­chen Institutio­nen der USA und die Weltordnun­g, die seine Vorgänger nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen haben.

Nicht wenige in den USA wittern Verrat. Dass der Mann, dem Putin nachweisli­ch Schützenhi­lfe im Wahlkampf leistete, ebendies bei der gemeinsame­n Pressekonf­erenz in Helsinki bestreitet und stattdesse­n die eigenen Geheimdien­ste angreift, macht ihn ebenso verdächtig wie das mehr als zweistündi­ge Kungeln mit dem russischen Präsidente­n unter vier Augen. Gegen das Vorgehen Trumps gibt es zwar institutio­nellen Widerstand, aber kaum welchen aus der eigenen Partei. Die Republikan­er im Kongress knicken aus Furcht vor Trumps Basis ein. Umfragen zeigen, dass die Anhänger des Präsidente­n seine EUund NATO-Schelte teilen und für eine Rückkehr zum Isolationi­smus der frühen Tage Amerikas sind.

Das transatlan­tische Haus steht lichterloh in Flammen. Dieser Brand wird sich nur noch schwer löschen lassen. Die beste Hoffnung bleibt, ihn durch gemeinsame Kraftanstr­engungen von innen und außen einzudämme­n.

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