Was unterscheidet Trump von einem Kreml-Agenten?
Nicht viel. Er brüskiert die alten Verbündeten in Europa und treibt die Agenda des russischen Präsidenten voran.
Für das Irrlichtern des US-Präsidenten seit seinem Gipfel mit Wladimir Putin in Helsinki gibt es zwei Erklärungsmuster. Entweder Donald Trump weiß nicht, was er tut. Oder er stiftet Chaos, um machen zu können, was er will. Es spricht mehr für die zweite These. Trump vertritt seit Jahrzehnten mit großer Hartnäckigkeit seine antiwestlichen, protektionistischen Ideen. NATO und EU betrachtet er bestenfalls als Kostgänger, die Amerika ausnützen. Kurz vor dem Gipfel mit Putin nannte er die Europäer sogar „Gegner“. Nach der Verhängung der Milliardenstrafe gegen Google sieht er sich darin bestätigt.
Vor dieser Realität die Augen zu verschließen lässt sich immer weniger verantworten. Und Trump als Narren zu betrachten, der die Welt nicht versteht, verharmlost die Gefahr, die von ihm ausgeht. Denn es unterschätzt die Entschlossenheit eines erklärten Gegners der liberalen Weltordnung.
Der wahre Trump ist der Präsident, der während und nach seiner Europa-Reise wie Putins Puppe agierte. Von der Drohung mit Konsequenzen für den Fall, dass die NATO-Partner nicht genügend Tribut zahlen, über die Infragestellung der Beistandspflicht gegenüber kleinen Staaten wie Montenegro bis hin zu dem Versuch, die EU zu spalten, folgt er dem Drehbuch des Kreml. Die Frage drängt sich auf, was ein Agent des Kreml im Weißen Haus anders machen würde als Donald Trump. Er unterminiert die demokratischen Institutionen der USA und die Weltordnung, die seine Vorgänger nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen haben.
Nicht wenige in den USA wittern Verrat. Dass der Mann, dem Putin nachweislich Schützenhilfe im Wahlkampf leistete, ebendies bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Helsinki bestreitet und stattdessen die eigenen Geheimdienste angreift, macht ihn ebenso verdächtig wie das mehr als zweistündige Kungeln mit dem russischen Präsidenten unter vier Augen. Gegen das Vorgehen Trumps gibt es zwar institutionellen Widerstand, aber kaum welchen aus der eigenen Partei. Die Republikaner im Kongress knicken aus Furcht vor Trumps Basis ein. Umfragen zeigen, dass die Anhänger des Präsidenten seine EUund NATO-Schelte teilen und für eine Rückkehr zum Isolationismus der frühen Tage Amerikas sind.
Das transatlantische Haus steht lichterloh in Flammen. Dieser Brand wird sich nur noch schwer löschen lassen. Die beste Hoffnung bleibt, ihn durch gemeinsame Kraftanstrengungen von innen und außen einzudämmen.