Ein Mensch tritt auf, nicht Gottes Sohn
Beethovens Oratorium „Christus am Ölberge“in der Mozartmatinee.
Christus, voller Zweifel und Ängste, hadert angesichts des nahenden Todes mit seinem Schicksal. Sein Kampf mit dem Unausweichlichen und sein Ringen mit dem Willen des Vaters haben nichts souverän „Göttliches“. Der 33-jährige Ludwig van Beethoven schildert in seinem Oratorium „Christus am Ölberge“, dem Hauptwerk der ersten Mozartmatinee, Leiden und Zwiespalt, wie sie uns allen gegeben sind. Sein Christus ist ein Heldentenor, in dem schon vieles von Florestan im „Fidelio“angelegt scheint. Benjamin Bruns hatte in der so kantigen, leidenschaftlichen wie imposanten Aufführung durch das Mozarteumorchester, den alle Stimmungen präzise auslotenden Salzburger Bachchor unter der befeuernden Leitung von Riccardo Minasi genau die richtige Statur aus Leichtigkeit und Kraft. An seiner Seite klang Simona Šaturová als tröstend kommentierender Seraph auch in den sicher gesetzten Koloraturen gut geerdet. Und im knappen Terzett-Einwurf des Petrus ließ Henning von Schulman kurz schon Pizarro-Töne aufleuch- ten. Auf jeden Fall: eine auch musikhistorisch interessante Begegnung voller Passion.
Sanft und wohltönend hingegen der Mozart-Beitrag: Andreas Ottensamer blies auf der Bassettklarinette Mozarts Konzert, KV 622, mit souveräner Ruhe und gefühlvoll atmender Noblesse. Der Schleier der Melancholie war diesmal eher gelüftet, um die feinen instrumentalen Linien elegant durchzulassen. Das Orchester hielt sich dabei ein wenig zu sehr in einer unauffälligen Begleitrolle.