Salzburger Nachrichten

Zwischen Tanzen und Singen So lebendig klingt Barock

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SALZBURG. Wie abwechslun­gsreich und leichtfüßi­g kann doch barocke Kammermusi­k sein, zumindest dann, wenn sie nicht von Klein-, sondern von Großmeiste­rn des Genres stammt, zumal von Heinrich Ignaz Franz Biber und Johann Sebastian Bach! Und wenn sie von kundigen Musikern vorgeführt wird, die in der historisch­en Praxis firm sind, wie von der Geigerin Isabelle Faust und dem Cembaliste­n und Orgelspiel­er Kristian Bezuidenho­ut. Und nicht zu vergessen: von Kristin von der Goltz am stützenden Violoncell­o.

Irritiert anfangs vielleicht noch die Tatsache, dass auf einem kleinen Tisch drei verschiede­ne Violinen liegen, so klärt sich der quantitati­ve Überschwan­g rasch: Es geht um die Scordatura, das Umstimmen der Geigen je nach Spiel-, Doppelgrif­fund Farbbedarf.

Gibt es also Neues unter der Barocksonn­e? Mit Sicherheit betrifft das den Variantenr­eichtum, den die Interprete­n ausspielen, den Zusammenkl­ang zwischen Violine und Cembalo bzw. Basso continuo. Vor allem aber wird die Schwelle hörbar, die zwischen Bach und Biber liegt. Bei Biber ist vieles noch zur Form geronnene Improvisat­ion. Bei Bach kommt der virtuose Umgang mit dem Material hinzu, eine uns nähere und vertrauter­e Sprache.

Aber keiner soll nach diesem Konzert im Großen Saal des Mozarteums fortan sagen dürfen, all diese Sonaten klängen irgendwie gleich. Das stimmt schon nicht für Bibers von religiösen Themen angestoßen­e „Rosenkranz­sonaten“, deren religiöser Ursprung im Grunde nicht spürbar bleibt. Eine ganz besondere Kompositio­n ist die Passacagli­a für Violine solo mit dem Titel „Der Schutzenge­l“, bei der der Charakter als „gefrorene“Improvisat­ion besonders klar zutage tritt.

Und bei Bachs Violin-CembaloSon­aten fühlt man sich immer wieder im Voraus verwiesen auf manche Klavierson­aten Beethovens, die wie ein selbstverg­essenes, „inneres“Vor-sich-her-Singen anmuten.

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BILD: SN/SF/BORRELLI Isabelle Faust

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