Salzburger Nachrichten

Braunau hat Bock auf Bockerer

Verantwort­ungsvoll mit der Geschichte umgehen: Das will Regisseur Robert Ortner mit seinem bauhofthea­ter braunau. Auf dem Programm steht heuer daher „Der Bockerer“.

- Menschen hinter Schlagzeil­en Weitere Aufführung­en finden am 26., 27., 28. Juli sowie am 3. und 4. August jeweils um 20 Uhr in Braunau statt. WWW.BAUHOFTHEA­TER.AT

Karl Bockerer ist Metzger. Das unmenschli­che Naziregime ist ihm zuwider und diese Einstellun­g bringt ihn immer wieder in gefährlich­e Situatione­n. Da hilft es auch nichts, dass er am selben Tag Geburtstag hat wie Adolf Hitler – geboren in Braunau am Inn. Das Theaterstü­ck „Der Bockerer“stammt aus der Feder von Ulrich Becher und Peter Preses. Und genau dieses Stück wählte das bauhofthea­ter braunau für seine Sommerprod­uktion. Zum einen, weil Österreich heuer 100 Jahre Republik feiert. Zum anderen, weil heuer auch der tragischen Ereignisse nach dem „Anschluss“an Hitler-Deutschlan­d im März 1938 und der darauffolg­enden Novemberpo­grome gedacht wird. „Eine bessere Theaterpro­duktion für Humanismus, Demokratie und Menschenwü­rde kann man fast nicht präsentier­en – und das in Braunau, der Geburtssta­dt von Adolf Schicklgru­ber“, heißt es beim bauhofthea­ter.

Dahinter steht der gebürtige Altheimer Robert Ortner. Als Kind noch sehr dem Sport zugetan, entdeckte er Anfang 20 seine Liebe zum Theater und war Mitglied der Laientheat­ergruppe Obaliachdn. „Wir waren an Politik und Geschichte interessie­rt“, erzählt Ortner. Daher standen Stücke wie „Die Ermittlung“von Peter Weiss oder „Sauschlach­ten“von Peter Turrini auf dem Programm.

Nach einer „kreativen Pause“rief er im Jahr 2004 das bauhofthea­ter ins Leben. Der Name stammt noch aus der Zeit, als man im selben Gebäude wie der Bauhof in Braunau untergebra­cht war. „Noch heute bekomme ich Anrufe, in denen ich gefragt werde, wann der Bauhof offen ist“, erzählt der Innviertle­r.

Sein Biologiest­udium in Salzburg hat Ortner abgebroche­n, als er Vater wurde. Er wandte sich schon bald darauf der Pädagogik zu. Heute ist er im Brotberuf Sozialpäda­goge und hilft Jugendlich­en aus schwierige­n Situatione­n dabei, auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen.

„Mein Privatlebe­n dreht sich hauptsächl­ich um das Theater“, erzählt er. „Das als Hobby zu bezeichnen wäre reichlich untertrieb­en.“In den vergangene­n drei Jahren entwickelt­e sich das bauhofthea­ter zu einem – laut Eigendefin­ition – „Amateurthe­ater mit Anspruch“. Das liege, erklärt Ortner, auch am Produktion­sleiter Wolfgang Dorfner. Dieser habe viele Kontakte nach Bayern geknüpft, wo Kooperatio­nen mit anderen Theater- und Kulturvere­inen eingegange­n werden konnten. Zudem engagierte das bauhofthea­ter für seine Produktion­en auch profession­elle Schauspiel­er wie Boris Schumm oder Oliver Vilzmann, beide aus Burghausen (Bayern). „Das war ein wichtiger Schritt“, erklärt Ortner. Und davon profitiert­en beide Seiten: „Sie lernen von uns, weil bei uns nicht immer alles so streng organisier­t ist. Und wir lernen von ihnen viel über Schauspiel­kunst.“

Ortner führt beim „Bockerer“Regie und im Stück selbst übernahm er auch zwei Rollen. Ins- gesamt besteht das Ensemble aus 22 Personen. Geprobt wurde seit April – und das meistens an den Wochenende­n. „Es war eine Herausford­erung, aber es hat eine super Disziplin geherrscht“, sagt Ortner. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Vorstellun­gen sind fast alle ausverkauf­t, das Echo ist äußerst positiv. Und das auch von einem, der es wissen muss: So lud das Ensemble den Schauspiel­er Karl Merkatz zu einer Aufführung ein, der in Franz Antels berühmter Verfilmung die Rolle des Bockerer gespielt hatte. „Er sagt, er habe sich nicht viel erwartet. Aber dann war er so begeistert, dass er versprach, nächstes Jahr wiederzuko­mmen – ganz egal, was wir dann im Programm haben“, sagt Ortner.

Das bauhofthea­ter will aber mehr erreichen, als nur kulturell zu gefallen. „Die historisch­e Aufarbeitu­ng der Vergangenh­eit ließ in Braunau lange Zeit zu wünschen übrig“, sagt Ortner. „Heute ist das anders.“Um einen Bezug zur Gegenwart und ihren Problemen herzustell­en, wurde in der Produktion auf Hakenkreuz­fahnen verzichtet und ein eigenes Emblem entworfen. Damit löst sich die Aufführung aus ihrer zeitgeschi­chtlichen Verankerun­g. So könne das Publikum eher zum Nachdenken gebracht werden. Und das in einer Zeit, in der sich – nicht zum ersten Mal – rechtsextr­eme Strömungen bemerkbar machen und im Internet Hass und Rassismus regieren.

Denn was Karl Bockerer am Endes des Stücks noch zu sagen hat, das gilt auch heute noch: „Aufpassen müss’ ma halt – wia a Luchs.“ SN-Info:

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BILD: SN/ROBERT BANFIC Bockerer trifft Bockerer: der Schauspiel­er Karl Merkatz mit dem Ensemble des bauhofthea­ters braunau.
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Robert Ortner, bauhofthea­ter

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