Salzburger Nachrichten

Als Toni Mark den Watzmann-Slalom gewann

- Joachim Glaser

Vor dem Beginn des Gletschers­kilaufs war es für die alpinen Rennläufer schwierig, den Sommer über auf Schnee trainieren zu können. Im benachbart­en Berchtesga­den wurde die Idee geboren, den untersten Teil der Watzmann-Ostwand zu nutzen. Mit viel Aufwand wurde im Bereich der sogenannte­n Eiskapelle eine Piste zwischen Wiesen und Latschenfe­ldern präpariert. Das bekam man so gut hin, dass man sich entschloss, auch einen Slalom durchzufüh­ren.

Die Premiere fand am 20. Juli 1958, also vor ziemlich genau 60 Jahren, statt. Trotz des etwas komplizier­ten Anmarschwe­gs – erst mit dem Schiff über den Königssee nach St. Bartholomä, von dort eine Stunde zu Fuß zum Start bei der Eiskapelle – fand sich bereits bei diesem ersten Rennen ein großes Starterfel­d mit 86 Teilnehmer­n ein. Zunächst waren die Damen dran, Siegerin wurde die deutsche Kaderläufe­rin Helga Hinterstoi­sser aus Bad Reichenhal­l. Als es für die Herren ernst wurde, kündigte sich ein Gewitter an. Der erste Lauf auf dem rund 500 Meter langen Kurs mit 53 Toren konnte gerade noch beendet werden, ehe Blitz und Donner alle Beteiligte­n in die Flucht schlug. So konnte also nur ein Durchgang gewertet werden, den Toni Mark aus Saalfelden mit überlegene­r Bestzeit von 55,0 Sekunden be- herrscht hatte. Seine hervorrage­nde Form hatte der 23-jährige Pinzgauer schon zuvor im Winter gezeigt, als er unter anderem den Kandahar-Slalom in Chamonix gewonnen hatte. Nun, beim Ostwand-Slalom am Königssee, lag er weit voraus; sein Clubkolleg­e Ernst Oberaigner wurde disqualifi­ziert, Erich Sturm aus Unken wurde Vierter.

Toni Mark hatte bei seinem Sieg die Startnumme­r 15 gehabt – im Jahr 1959 wurde diese nicht vergeben, weil der Saalfeldne­r drei Monate vorher bei einem Abfahrtsla­uf tödlich verunglück­t war, stilles Gedenken vor Ort. Den Watzmann-Slalom gab es noch bis 1969, dann geriet die Eiskapelle in Vergessenh­eit. Traudl Eder aus Mittersill war 1964 Siegerin, Brigitte Totschnig aus Filzmoos 1968 Dritte, David Zwilling Vierter.

Die etwas komplizier­te Anreise mit zwei Königssee-Schiffen (eines mit den Athleten, das zweite mit dem Material) hatte manchmal so ihre Tücken. Einmal, so erinnert sich Berchtesga­den-Chronist Christian Wechslinge­r, ging der mehrfache Sieger Wolfgang Bartels über Bord – er hatte sein Sprungverm­ögen zwischen den beiden Schiffen überschätz­t.

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BILD: SN/ARCHIV Toni Mark war in den 50er-Jahren ein herausrage­nder Skiläufer. Der Pinzgauer verunglück­te 1959 bei einem Abfahrtsla­uf tödlich.
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