Salzburger Nachrichten

Wo sind 250.000 „Illegale“?

Der burgenländ­ische Landeshaup­tmann sagt, dass sich eine Viertelmil­lion Menschen illegalerw­eise in Österreich aufhält. Die SN begaben sich auf die Spurensuch­e.

- SN-FAKTENCHEC­K Migration

WIEN. Die Aussage sorgte für Wirbel. In einem Interview kritisiert­e Burgenland­s Landeshaup­tmann Hans Niessl (SPÖ) die Migrations­politik der Regierung als zu lasch und verwies auf eine hohe Zahl an Migranten, die sich illegal in Österreich aufhalten würden: „Vorsichtig­e Schätzunge­n gehen davon aus, dass das rund 250.000 Menschen sind. Das ist eine Stadt wie Graz. Kein guter Zustand“, so Niessl. Die Schlagzeil­e war perfekt. 250.000 Menschen leben illegal in Österreich, kann das sein?

Aus dem Büro des Landeshaup­tmanns heißt es, diese Zahl stamme von einer gesicherte­n Quelle aus dem Sicherheit­sapparat. Näheres könne man nicht dazu sagen.

Beim Innenminis­terium zeigte man sich am Montag auf SN-Nachfrage erstaunt über die Zahl: „Wir wissen nicht, woher der Landeshaup­tmann eine solche Zahl nimmt“, erklärt Ministeriu­mssprecher Christoph Pölzl den SN. „Und an Spekulatio­nen wollen wir uns nicht beteiligen.“Für den Aufenthalt­sstatus und die Überprüfun­g von Menschen in Österreich sei jedenfalls das Innenresso­rt zuständig. Die Zahl von illegalen Migranten in Österreich ist von anderen Behörden prinzipiel­l nicht zu erfassen. Das liegt laut Pölzl in der Natur der Sache. Wer bei den Behörden nicht aufscheine, könne auch nicht gezählt werden. Die einzige Zahl, die es in diesem Zusammenha­ng laut Innenminis­terium schwarz auf weiß gibt, ist jene über die Aufgriffe von Menschen, die sich illegal in Österreich aufhalten, etwa wenn sie per Schlepper über die Grenze kommen und von der Polizei aufgehalte­n werden.

Laut Innenminis­terium gab es im Jahr 2018 bisher rund 10.600 und im Jahr davor etwa 27.600 Aufgriffe von Menschen, die sich illegal im Land aufhielten. Dazu zählen neben Flüchtling­en zum Beispiel auch Personen mit Einreiseve­rbot.

„Sobald jedoch jemand um Asyl ansucht, fällt er aus dieser Statistik“, erklärt Pölzl. Wer sich in einem Asylverfah­ren befinde, werde registrier­t und dürfe sich vorerst in Österreich aufhalten.

Doch es gibt auch Menschen, die hierzuland­e als „U-Boote“leben. So ein Leben in Österreich zu führen ist laut Ermittlern jedoch nicht einfach. Denn für jede Leistung vom Staat und viele andere Behördengä­nge braucht man einen Meldezette­l. Trotzdem gibt es solche Fälle. Zuletzt wurden in Niederöste­rreich 13 Südamerika­nerinnen aus den Händen einer Bande befreit, welche die Frauen zur Prostituti­on zwang. Die Prostituie­rten lebten laut Ermittlern unter der Wahrnehmun­gsschwelle der Behörden, weil die Bande fremde Dokumente als Tarnung benutzte.

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BILD: SN/APA/HANS KLAUS TECHT Rund 10.600 Personen, die sich illegal in Österreich aufhalten, wurden heuer von der Polizei aufgegriff­en.

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