Salzburger Nachrichten

Zwei Präsidente­n vergreifen sich im Ton

Nach einer Brandrede von Irans Hassan Rohani schlägt US-Präsident Donald Trump zurück.

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Politische Beobachter im Iran bezeichnen Hassan Rohani bereits als einen „Präsidente­n auf Zeit“. Als er vor neun Tagen zu einer Krisensitz­ung in die Residenz von Revolution­sführer Ali Chamenei einbestell­t wurde, schien sein Rücktritt schon beschlosse­ne Sache gewesen zu sein. Zu heftig ist die Kritik an Rohanis Amtsführun­g, dem nur noch wenige eine Bewältigun­g der so verheerend­en Wirtschaft­skrise in seinem Land zutrauen.

Chamenei gab dem Präsidente­n eine letzte Chance. „Unermüdlic­h“, so die Weisung des Revolution­sführers, müsse dieser jetzt an der „Neutralisi­erung der feindliche­n Pläne“arbeiten. Gemeint waren die amerikanis­chen. Eine Woche später präsentier­te Rohani erste Ergebnisse, die nach dem Geschmack seines Schutzpatr­ons gewesen sein dürften: Am Sonntag verschärft­e er mit einer Brandrede den Dauerkonfl­ikt mit den USA.

In seiner Rede vor iranischen Diplomaten unterstell­te Rohani dem amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump, „eine Politik der Vernichtun­g des Iran“zu betreiben. „Die Amerikaner sollten wissen, dass Frieden mit dem Iran die Mutter aller Frieden ist, genauso wie ein Krieg die Mutter aller Kriege wäre“, betonte Rohani und warnte seinen Amtskolleg­en, nicht mit dem Feuer zu spielen. „Ein Spiel mit dem Schwanz des Löwen“, zitierte der Präsident eine persische Redewendun­g, „würdest du, Herr Trump, bitter bereuen.“Pläne zur Bewältigun­g der Wirtschaft­skrise hat Rohani in seiner Rede nicht präsentier­t. Wichtig war der Ton – und den hatte der iranische Präsident nach Ansicht der politische­n Hardliner getroffen.

Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen drohte Rohani mit einer Blockade der Ölexport-Routen im Persischen Golf, falls sein Land durch die US-Sanktionen selbst kein Öl mehr exportiere­n könnte.

Die USA wollen die iranischen Ölexporte „so weit wie möglich gegen null“reduzieren, wiederholt­e US-Außenminis­ter Mike Pompeo erst am Samstag. Man sei bemüht, die Länder im Mittleren Osten sowie in Europa davon zu überzeugen, den wirtschaft­lichen Druck auf Teheran weiter zu erhöhen.

Als US-Präsident Donald Trump die Brandrede des Iraners vorgelegt bekam, holte er dann am Montag zu einem verbalen Rundumschl­ag aus. „Bedrohen Sie niemals wieder die USA, oder Sie werden Konsequenz­en von der Art zu spüren bekommen, wie sie wenige zuvor in der Geschichte erleiden mussten“, twitterte Trump.

Europäisch­e Diplomaten in Teheran bezeichnen den iranischam­erikanisch­en „Krieg der Worte“als „völlig überzogen“. Beide Präsidente­n hätten „sich im Ton vergriffen“. Das sei besonders deshalb tragisch, weil die Konfrontat­ion zwischen dem Iran und den USA gerade erst begonnen habe. Die meisten US-Sanktionen, darunter auch das Exportverb­ot für iranisches Rohöl, treten erst im November in Kraft.

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