Österreich-Botschafter der anderen Art
Paul Mayer garantiert, dass jedes Jahr mehr Belgier hierzulande Urlaub machen.
Kennen sie Belgier? Nein? Das ist verwunderlich, denn Belgier sind gesellig und weltoffen. Aber wenn sie auf Urlaub sind, bleiben sie gern unter sich. Was insbesondere Flamen (die fast 80 Prozent der belgischen Österreich-Gäste ausmachen) gar nicht mögen, ist, wenn sie mit ihren Nachbarn, den Niederländern, vermischt werden – auch wenn sie mit ihnen die Sprache teilen wie Deutsche und Österreicher. Was sie dagegen in den Ferien wie zu Hause schätzen, ist gut zu essen und zu trinken und freundlich behandelt zu werden.
Das sind einige der Besonderheiten, die Paul Mayer, Leiter des Büros der Österreich Werbung in Brüssel, über die Bewohner des Landes erzählen kann, in dem er seit fast 20 Jahren lebt. Die Fakten hat er schriftlich zum Frühstück im Café de la Presse, einem der angesagten Lokale auf der eleganten Avenue Louise mitgebracht: Seit 2003 kommen durchschnittlich jedes Jahr 2,3 Prozent mehr Belgier auf Urlaub nach Österreich. 2017 waren es rund 570.000. Damit liegt das kleine, aber ziemlich reiche Land mit elf Millionen Einwohnern – davon sechs Millionen Flamen – in der Nächtigungsstatistik immerhin auf Platz sechs. Mehrheitlich kommen sie im Winter und dann vornehmlich nach Tirol und Salzburg. Auch im Sommer zieht es sie, abgesehen von Wien, vor allem in die Berge, die sie zu Hause nicht haben. Sie wohnen zu 40 Prozent in Vier- und Fünf-Stern-Hotels und, was ebenfalls auffällt, sie bleiben lang, wohl weil sie in der Mehrheit der Fälle per Auto anreisen.
Mayer, den einst die Liebe nach Brüssel verschlagen hat, sieht bei den Flamen großes touristisches Potenzial. Die französischsprachigen Wallonen zieht es eher nach Frankreich. Die Anknüpfungspunkte mit Österreich sind zahlreich, unabhängig von der gemeinsamen Habsburgervergangenheit: hier die kulinarischen Vorlieben der Belgier, da die österreichische Gastfreundschaft und Gemütlichkeit; hier der ausgeprägte Familiensinn, da Angebote für mehrere Generationen; hier die Suche nach Sinn und Gesundheit; da Wohlfühlpakete und intakte Natur. „Es geht darum, die Menschen zu inspirieren“, sagt der gebürtige Obersteirer. Um „die richtige Botschaft im richtigen Moment“zu senden, nutzt die Österreich Werbung auch die digitalen Möglichkeiten. Broschüren gibt es zum Herunterladen, einschlägige Blogger mit Glaubwürdigkeit in ihren Kreisen werden zu Genussreisen nach Österreich eingeladen und Lifestyle-Magazine als Träger für die maßgeschneiderten Angebote genutzt. Parallel dazu beobachten die Touristiker das Nutzerverhalten im Internet. In dieser Wintersaison rücken auch in Belgien Salzburg und die Feierlichkeiten um „Stille Nacht“, das vor 200 Jahren erstmals erklungen ist, ins Zentrum. Die Wahrscheinlichkeit, einem Belgier zu begegnen, steigt also.