Klang-Schwerarbeiter schmieden zeitlose Zukunftsmusik
Die Elektro-Pioniere Kraftwerk gaben im Römersteinbruch in St. Margarethen eines ihrer seltenen 3D-Konzerte.
Kraftwerk ist Kunst. Kraftwerk ist Kult. Die Pioniere der elektronischen Popmusik haben das Guggenheim-Museum in Bilbao und die Neue Nationalgalerie in Berlin ebenso bespielt wie die Tate Modern in London und das Wiener Burgtheater. Bei der Tour de France lassen sich die Radsportliebhaber, die bereits 1983 eine Single namens „Tour de France“veröffentlichten, ebenso regelmäßig feiern, wie bei der Grammy-Verleihung.
Am Sonntagabend landeten die einstigen Zukunftsmusiker im Römersteinbruch in St. Margarethen – und ließen sich erst von einem Wolkenbruch wieder von der Bühne vertreiben. Mit ihrer 3D-Show bewiesen die Düsseldorfer, dass ihre schon in den 1970ern behandelten Themen wie digitale Überwachung, nukleare Bedrohung und Schönheitswahn zeitloser denn je sind.
Wer Kraftwerk als Wegbereiter elektronischer Tanzmusik bezeichnet, hat noch nie getanzt. Trotz zahlreicher Hits, oft mutiert in Werbejingles und Hip-Hop-Samples, liefern sie eigentlich schwere Kost. Dass die Deutschen in ihrem tourenden Elektronik-Zirkus das Publikum auch noch mit 3D-Brillen ausstatten, potenziert die Reizüberflutung: Vektorgrafiken, die in ihrer Präzision ins Auge stechen, wechseln mit historischen Aufnahmen von Models und der Tour de France ab.
Anachronistisch sind die Archivbilder und teils analogen Sounds aber lange nicht – und ebenso wenig an den Stil gebunden. Die Botschaften, die durch den Römersteinbruch wummern, könnten ebenso einer Hippie-Kommune entstammen: Die „Mensch-Maschine“und „Computerliebe“sind schon jetzt Realität, in „Radioaktivität“fügt sich nahtlos Fukushima an Tschernobyl. Und das „Model“ist mittlerweile auch noch photoshopoptimiert. Die wenigen, zumeist mit Vocoder akustisch verfremdeten Textzeilen reichten dabei aus, um die hypnotisierenden Botschaften ins teils ohnehin schon berauschte Publikum zu pflanzen und romantisches Unbehagen zu provozieren. Unnötige Worte verloren die in „Tron“-Ästhetik uniformierten Herren – darunter die Gründungsmitglieder Ralf Hütter und Florian Schneider – abseits der Musik wie gewohnt keine. An ihre Konsolen aneinandergereiht gaben sie die Klang-Schwerarbeiter.
Am Ende des Sets entleerte sich dann doch noch die Begeisterung des während der Show durch Reizüberflutung recht gelähmten Publikums. Noch hielten die „Roboter“den ersten schweren Regentropfen stand, bevor es stilgerecht zur Rückreise auf die „Autobahn“ging, die ja mittlerweile selbst aus dem Burgenland stammende Minister fasziniert.