Salzburger Nachrichten

Wie mir echt nette Kinder einen echten Schreck einjagten

Es geschah am helllichte­n Tag. Überfallsa­rtig. Ich war darauf nicht vorbereite­t. Und hatte das Ganze auch nicht erwartet.

- Heinz Bayer HEINZ.BAYER@SN.AT

Danaxt, vor ein paar Tagen also (in the past few days – damit es in Mary Alp on the Stonny Sea, Maria Alm am Steinernen Meer, auch jeder versteht), passiert das: Eine Gruppe Kinder kommt daher. Nein, die haben nicht auf ihr Mobiltelef­on geschaut. Die hatten gar keine „Händis“in der Hand. Merkwürdig eigentlich. Da wird man heutzutage schon ein bisserl stutzig. Egal. Also: Sie kommen näher – lachen herzlich. Haben eine echte Gaudi miteinande­r. Dann passiert es. Völlig aus dem Nichts. Ansatzlos. Wie aus der Pistole geschossen. Sie gehen an mir vorbei, und – bumm: „Griaß di!“, sagt das Dirndl (Mädchen, Girl) ganz laut. Lacht mich an und freut sich offensicht­lich, mich zu treffen. Und die drei Buben, die sie begleiten, auch. Die sagen nicht „He Oida!“– was ich mir in meinem Alter ohnehin strengsten­s verbitten würde. Sie schlapfen auch nicht irgendwie mit Hängehosen dahin. Den Buam (Boys) sprudelt auch gut gelaunt ein „Griaß di!“aussa. Die waren completely – Pardon, völlig – höflich und haben volle gegrüßt. Mich hat das foolish (narrisch) gefreut. Deshalb kam sofort ein „Griaß ench!“zurück. Oft genug ist ja das Gegenteil der Fall. Keiner sagt was – auch wenn man zu ihm was sagt. Vielleicht wird das jetzt modern. Zueinander wieder „Griaß di!“sougn. Voi trendy, Oida!

Die eingeboren­en Erwachsene­n im inneren Innergebir­g kommen in der Regel mit weniger Worten aus. Konkret mit einem: „Sogga?“, was als Gruß, Anteilnahm­e bzw. Interesse zu verstehen ist. Wie geht es dir? (For the people from Mary Alp: How are you?) Was machst du? (What are you doing?) Als Antwort im Sommer kommt meist „Grilln gwein“oder „Schwimma gwein“, was mit minimaler Worteanwen­dung maximale Bot- schaften transporti­ert. Und während ich mich so vor mich dahinfreue, weil die Kinder so nett „Griaß di“gsougt homb, komme ich an einem Plakat vorbei. In riesigen Lettern wird dort eine Veranstalt­ung namens „Skills Factory“beworben. Mit Soft Skills – in Mary Alp und Rundummadu­mm weiß das jeder – sind zwischenme­nschliche Fähigkeite­n gemeint. Man kann auch Sozialkomp­etenz sagen. Dazu gehört „Grüß Gott“und „Auf Wiedersehe­n“sagen. Beim Vorstellun­gsgespräch nicht Nägel kauen, rauchen oder am Piercing in der Nase fummeln.

Früher waren Mamas und Papas in der Lage, das den Kindern zu vermitteln. Im Alltag. By the way, praktisch. Heute sind vermutlich viele Eltern durch Facebooken und WhatsAppen so im Stress, dass ihnen dafür einfach die Zeit fehlt.

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