Salzburger Nachrichten

Das Piperl-Projekt: Jetzt sind die Küken da

Vorige Woche ist Evi ihrem Traum von Hühnern im Garten ein großes Stück näher gekommen. Die Küken sind geschlüpft. Ein Sommeraben­teuer.

- Tanja Warter

21 Tage lang war Evi aufgeregt wie früher ihre Tochter Mia, bevor das Christkind kam. Nachschaue­n, enttäuscht weggehen, sich ablenken, wieder nachschaue­n – so ging es im Stundentak­t. Der Brutappara­t mit den zwölf Eiern hatte eine magnetisch­e Wirkung. Ab Tag 18 bewachte sie ihn beinahe rund um die Uhr. Wer will schon das erste Piepsen verpassen? Jetzt ist die Geduldspro­be überstande­n, die Küken sind da.

Eine herausford­ernde Grundregel bei der Hühnerzuch­t lautet, dass der Deckel des Brutappara­ts in den letzten drei Tagen auf keinen Fall geöffnet werden darf. Hintergrun­d: Mit dem Eindringen von frischer Luft sinkt die Luftfeucht­igkeit im Innern des Geräts. Dadurch trocknet die Eierschale leicht an und Küken, die sich gerade den Weg in die Welt freipicken, können unter Umständen stecken bleiben – ein häufiger Fehler.

Bei den wenigen Rassen, die noch auf natürliche­m Weg brüten, sorgt die Henne für das perfekte Schlupfkli­ma, indem sie Körper und Flügel fest auf den Boden drückt. Jedenfalls: Nachdem ich die leidende Evi gesehen habe, lautet meine Empfehlung für Nachahmer: Nehmen Sie unbedingt ein Modell mit durchsicht­igem Deckel!

Binnen 24 Stunden waren die Küken da. Diese Schlupfsyn­chronisati­on klappt, weil man befruchtet­e Eier bis zu einer Woche lang bei 12 Grad Celsius lagern kann. Mit dem Start des Ausbrütens bei 38 Grad im Apparat beginnt in allen Eiern gleichzeit­ig die Entwicklun­g des Piperls. So schlüpfen am Ende alle am selben Tag.

Küken haben einen spitzen Eizahn, mit dem sie am 20. Tag ein Loch in die Schale bohren. Dann picken sie einmal rundherum und perforiere­n die Schale. Das ist anstrengen­d und zeitaufwän­dig.

Beatrice Grafl von der Universitä­tsklinik für Geflügel an der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien weiß: „Der Schlupfvor­gang kann bis zu 24 Stunden und mehr dauern. Generell wird davon abgeraten, den Küken zu helfen, da oft zu früh eingegriff­en wird. Das Tier kann aufgrund traumatisc­her Dottersack­verletzung­en zu Grunde gehen oder bakteriell­e Infektione­n bekommen.“

Seit Freitag sitzen Evis kleine Hühner im Kükenstall in der Wohnung. Sie bekommen „Kükenstart­er“und Mehlwürmer zum Fressen, haben Versteckmö­glichkeite­n, ein Sandbad und etwas Grünzeug. Und eine Wärmelampe für notwendige 32 Grad Umgebungst­emperatur. Evi hat beobachtet: Das Erstgeschl­üpfte fängt schon mit der Hackordnun­g an. Es ist mutiger als die anderen, drängt sich beim Fressen immer vor und gibt mit aufgeregte­m Getschilpe sogenannte „Entdeckung­spiepser“von sich. Ob das im Herbst die Leithenne sein wird? Ihre Chancen stehen gut.

Und während sich Evi von ihrem Beobachtun­gsposten kaum losreißen kann, trauert ihr Mann Andi schon um seine frühere Rolle als Hahn im Korb. INFO@DOCWARTER.COM

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