Salzburger Nachrichten

Österreich­er würden lieber im Eigentum wohnen

Der Wunsch nach dem Wohnen in den eigenen vier Wänden wird stärker. Wer ihn nicht finanziere­n kann, muss mieten. Aber auch das ist teuer und Abhilfe ist vorerst nicht in Sicht.

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Österreich ist im Europaverg­leich ein Land der Mieter. Während EU-weit sieben von zehn Personen im Eigentum wohnen, sind es in Österreich nur 57 Prozent. Niedriger ist der Wert nur in Deutschlan­d. Der Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu leben, wird allerdings stärker, zwei Drittel der Österreich­er geben in einer Umfrage der Immobilien­vermittler sReal und einer InternetPl­attform an, nach einem Eigenheim zu suchen. Ein Motiv ist die Absicht, mit dem Kauf einer Immobilie für das Alter vorsorgen zu können. Von denen, die sich nach Mietwohnun­gen umsehen, tun es 39 Prozent wegen fehlender finanziell­er Möglichkei­ten, Eigentum zu erwerben. Das fällt allerdings mit der Entwicklun­g zusammen, dass auch die Mieten stetig steigen. Vor allem in Städten wird Wohnraum für junge Menschen und Niedrigver­diener immer schwerer erschwingl­ich.

Arbeiterka­mmer und SPÖ fordern deshalb Obergrenze­n für Mieten für einen Großteil der Wohnungen. Experten bezweifeln, dass die Probleme auf dem Wohnungsma­rkt damit gelöst werden können, sie fordern eine Ausweitung des Angebots. Laut Statistik Austria wurden 2016 rund 56.400 Wohnungen errichtet, um sechs Prozent mehr als im Jahr davor. Es wird also viel gebaut, aber noch immer zu wenig, und zudem teuer. Bauträger fordern daher das Streichen baurechtli­cher Auflagen, die nur die Kosten treiben.

Die Österreich­er würden am liebsten in ihren eigenen vier Wänden wohnen und der Raum dazwischen sollte größer sein als der, den sie bisher zur Verfügung haben. Auf diesen Nenner lassen sich die Ergebnisse einer seit 2012 durchgefüh­rten repräsenta­tiven OnlineUmfr­age (2435 Teilnehmer) bringen, die die Suchplattf­orm Wohnnet und der Immobilien­vermittler sReal am Dienstag vorstellte­n.

Zwei Drittel äußerten dabei den Wunsch nach Eigentum an einer Immobilie, sei es eine Wohnung, ein Haus oder ein Grundstück. Als wichtigste­n Grund geben sie an, einen Wohnsitz zu erwerben, an dem sie bleiben und nicht mehr übersiedel­n wollen. Immer wichtiger wird der Gedanke, abgesicher­t zu sein, ein Fünftel nennt die Vorsorge fürs Alter als Motiv für den Eigentumse­rwerb. Die derzeit günstigen Kredite machten Immobilien­käufe sinnvoll, sagt der Geschäftsf­ührer der sReal, Michael Pisecky. Die mögliche Wertsteige­rung einer Immobilie spielt mit nur 5 Prozent der Nennungen eine untergeord­nete Rolle.

Wichtigste­r Grund für die Suche ist der Bedarf nach mehr Platz, 35 Prozent bezeichnen ihre derzeitige Wohnung als zu klein. Rund ein Fünftel hält Ausschau nach einer neuen Bleibe, weil sie von der Miete zum Eigentum wechseln wollen.

Bei der Suche nach einer neuen Bleibe setzen 37 Prozent auf Immobilien­portale, rund ein Fünftel geht direkt auf die Internetse­iten der Makler, Junge nützen zunehmend auch soziale Medien (16 Prozent).

Und was bewegt das Drittel der Österreich­er, das sich auf die Suche nach einer Mietwohnun­g begibt? 39 Prozent nennen mangelnde finanziell­e Möglichkei­ten als Motiv, eine Wohnung oder ein Haus zu mieten, für ein knappes Drittel entspricht Mieten besser ihrer aktuellen Lebensphas­e und 29 Prozent schätzen Freiheit und Flexibilit­ät der Miete.

Und wie vertragen sich die Wünsche der Menschen mit der aktuellen Lage auf dem Wohnungsma­rkt, der von steigenden Mieten geprägt ist? Im Juli legten sie um 3,6 Prozent zu, und waren damit einmal mehr einer der Treiber der Inflation. In Wien stiegen die Mieten im vergangene­n Jahrzehnt um ein Drittel.

Österreich­weit sind die Kosten für Hauptmietw­ohnungen laut Statistik Austria im Zeitraum 2012 bis 2016 um 14 Prozent von 6,4 auf 7,4 Euro pro Quadratmet­er (inkl. Betriebsko­sten) gestiegen. Mit zwölf Prozent fiel das Plus bei Genossensc­haftswohnu­ngen (von 5,9 auf 6,6 Euro) und Gemeindewo­hnungen (5,7 auf 6,3 Euro) etwas geringer aus. Aktuell liegen die Inklusivmi­eten mit 7,78 Euro/m2 noch höher, an ihrem Hauptwohns­itz geben Österreich­er für eine rund 100 m2 große Wohnung laut Statistik Austria 510 Euro aus. Dieser Durchschni­ttswert wird aber durch Mieter mit langer Wohndauer gedrückt, für neu vermietete Wohnungen sind die Kosten deutlich höher. Zudem sieht das Bild in Ballungsze­ntren anders aus.

Das Thema Wohnen lässt daher auch die Politik nicht los. SPÖ-Vorsitzend­er Christian Kern preschte zuletzt mit dem Vorschlag einer Mietzinsbr­emse vor. Er weiß sich damit eins mit der Arbeiterka­mmer, deren Präsidenti­n Renate Anderl erst jüngst nach einem neuen Mietrecht rief, in dem klare Obergrenze­n für einen Großteil der Wohnungen enthalten sein müssten. Trotz steigender Mieten und hoher Wohnungspr­eise ist die kostenmäßi­ge Belastung des Wohnens in Österreich internatio­nal vergleichs­weise niedrig. Mit 18,4 Prozent liegt der Anteil der Wohnkosten am verfügbare­n Haushaltse­inkommen um rund drei Prozentpun­kte unter dem Wert in Europa. Für Niedrigver­diener ist die Belastung relativ höher.

Es gibt aber Zweifel, dass die stärkere Regulierun­g der Mieten der richtige Weg ist. Experten plädieren stattdesse­n für eine Ausweitung des Angebots an Wohnungen. Und dafür, dass die Kosten für deren Errichtung durch einen Wust von Vorschrift­en und Auflagen nicht unnötig in die Höhe getrieben werden.

„Eigentum ist die Basis jeder Vorsorge.“ Michael Pisecky, sReal-Geschäftsf­ührer

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BILD: SN/BENIK.AT - STOCK.ADOBE.COM Das Eigenheim, ob Haus oder Wohnung, ist das Ziel – Mieten ist häufig die nicht immer freiwillig­e Realität.
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