EU und USA erzielen einen Durchbruch im Handelsstreit
Die Erwartungen an das Spitzentreffen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und US-Präsident Donald Trump waren gering. Überraschend gab es eine Erfolgsmeldung.
Die USA und die EU haben sich am Mittwoch auf die Beilegung ihres Handelsstreits geeinigt. US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker vereinbarten bei einem Krisentreffen im Weißen Haus, Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter zu starten. Zudem wolle man über die Angleichung von Standards reden und gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation (WTO) arbeiten, erklärte Juncker. Er bestätigte zudem, dass die EU künftig mehr Sojabohnen und Flüssiggas aus den USA importieren wolle.
Juncker war nach Washington gereist, um eine weitere Eskalation des Handelsstreits abzuwenden. Die USA hatten zuvor Sonderzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte verhängt. Die EU reagierte mit Zöllen auf US-Produkte wie Whiskey und Motorräder. Trump ließ zuletzt Sonderzölle auf den Import europäischer Autos prüfen, was vor allem deutsche Autobauer treffen würde. Die EU bereitete für diesen Fall weitere Vergeltungsmaßnahmen vor.
Nun soll es auch Verhandlungen geben, um den Streit über die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie die Gegenmaßnahmen dazu zu lösen, kündigte Trump an. Die EU und die USA wollen vorerst darauf verzichten, neue Zölle einzuführen. Dies gelte, so lange die Verhandlungen liefen, sagte EU-Kommissionspräsident Juncker.
WASHINGTON. Die EU-Kommission hatte die Erwartungen an das Treffen von Präsident Jean-Claude Juncker mit US-Präsident Donald Trump offiziell heruntergeschraubt. Doch er sei mit einer klaren Intention nach Washington gereist: „Heute einen Deal zu machen. Und wir haben einen Deal gemacht“, erklärte Juncker in einer überraschend angesetzten Pressekonferenz mit dem US-Präsidenten am Mittwoch.
Die Industriezölle zwischen den USA und der EU sollen demnach „gegen Null“gesenkt werden. Außerdem könnte die EU mehr Sojabohnen aus den USA importieren, „was gemacht werden wird“, kündigte Juncker an. Auch bei der Energieversorgung wollen die USA und die EU künftig enger zusammenarbeiten: Europa werde mehr Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten importieren, kündigten Trump und Juncker nach ihrem Gespräch an. Der dritte Punkt der Einigung bezieht sich auf Produktstandards, über die man in einen „engen Dialog“treten werde. Dadurch sollen Kosten und bürokratischer Aufwand im Handel gesenkt werden.
Mit dem Treffen sei „eine neue Phase“in der Beziehung zwischen den USA und der EU eingeleitet worden, sagte Trump in Washing- ton. Er sprach von einer „engen Freundschaft“, durch die beide Seiten gewinnen würden.
Zumindest ist der Handelskrieg zwischen den USA und der EU vorerst abgesagt. Die Wall Street verbuchte nach dieser Nachricht Kursgewinne. Der Durchbruch kam allerdings überraschend. Der Gipfel im Weißen Haus hatte in gereizter Stimmung begonnen. Der EU-Kommissionspräsident verzog die Augenbrauen, während ihn Gastgeber Trump als „klugen und zähen“Mann willkommen hieß. JeanClaude Juncker klang wohl noch im Ohr, wie ihn der US-Präsident erst kürzlich beim G-7-Gipfel in Kanada mehrfach als „brutalen Killer“bezeichnet hatte.
Beim Fototermin vor Beginn ihrer Gespräche bemühten sich beide Seiten kaum, ihre Gefühle füreinander zu verbergen. Demonstrativ bedankte sich Juncker für „die Initiative, mich ins Weiße Haus einzuladen.“Ein Seitenhieb gegen Trump, der am Dienstag so getan hatte, als rücke Juncker nur wegen des von ihm aufgebauten Drucks an. „Strafzölle sind großartig“, twitterte Trump. „Jeder kommt verhandeln.“
Während der US-Präsident vor dem Gespräch mit Juncker vor den Medien klagte, die USA hätten „über die Jahre hunderte Milliarden Dollar an die Europäische Union verloren“, widersprach Juncker dem vor zwei Wochen geäußerten Vorwurf Trumps, die EU sei ein „Feind“. „Wir sind Partner, Verbündete, keine Feinde. Wir müssen zusammenarbeiten.“
Gegenwind bei seinen geplanten Autozöllen hatte Trump zuletzt auch im US-Kongress bekommen. Während er mit Juncker sprach, brachten die Senatoren Doug Jones und Lamar Alexander einen Gesetzesentwurf ein, mit dem die Einführung der Zölle zumindest verzögert werden sollte. „Diese Strafzölle sind gefährlich“, erklärten die Senatoren. „Sie werden Jobs kosten und das Einkommen der Familien treffen.“
Diese Sorge teilen Abgeordnete beider Parteien aus den Bundesstaaten Alabama, South Carolina und Tennessee, in denen Daimler, BMW und Volkswagen große Standorte unterhalten. Die deutschen Autobauer könnten durch die Handelspolitik Trumps vergrämt werden. Dies, so der Albtraum der Abgeordneten, könnte mittelfristig zu Produktionsverlagerungen führen.
Trump zielte mit der angedrohten Verhängung von Autozöllen bis zu 25 Prozent auf das Herz der europäischen Wirtschaft ab. Ihn stört, dass amerikanische Hersteller bei der Einfuhr in den EU-Raum zehn Prozent Zoll bezahlen müssen, während umgekehrt nur 2,5 Prozent fällig werden. Dabei lässt der Präsident aus, dass die USA den lukrativen Markt für Pickup-Trucks mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent schützen.
Den Schaden träfe die gesamte Branche, also auch die drei amerikanischen Autobauer GM, Ford und Fiat-Chrysler. Diese hängen in denselben hochintegrierten globalem Lieferketten wie die europäischen Hersteller. Auf die US-Verbraucher kämen laut einer neuen Studie des „Center for Automotive Research“in Ann Arbor, Michigan massive Preisanstiege zu. Fahrzeuge aus einheimischer Produktion kosteten im Schnitt 2.270 Dollar mehr, während Import-Autos um 6.820 Dollar teurer würden. Bei einer Anhörung des US-Handelsministeriums sprachen sich die US-Produzenten entschieden gegen Zölle aus.
„Wir sind Partner, keine Feinde. Wir müssen zusammenarbeiten.“