Neun Strafen im Wahl-Prozess
Prozess wegen Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl 2016 in Villach. Nur eine FPÖ-Wahlbeisitzerin wurde freigesprochen.
KLAGENFURT. Mit neun Schuldsprüchen und einem Freispruch hat in Klagenfurt der erste Prozess wegen Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl 2016 geendet. Die höchste Strafe fasste der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamts aus. Er erhielt wegen Amtsanmaßung, Fälschung eines Beweismittels und falscher Beweisaussage fünf Monate bedingt und 14.000 Euro Geldstrafe.
Villachs Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) und sieben weitere Mitglieder der Bezirkswahlbehörde wurden der falschen Beurkundung im Amt schuldig gesprochen. Sie erhielten Geldstrafen in Höhe von 5400 bis 14.000 Euro. Freigesprochen wurde die FPÖ-Mandatarin, die als einziges Mitglied der Wahlbehörde Fehler im Protokoll der Briefwahlauszählung kritisiert und einen Aktenvermerk eingefordert hatte.
Am 22. Mai 2016, nach der Bundespräsidentenstichwahl zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer, war es unter anderem in Villach zu rechtswidrigen Vorkommnissen bei der Auszählung der Wahlkartenstimmen gekommen. Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) und die acht weiteren Mitglieder der Bezirkswahlbehörde hatten bestätigt, dass die Wahlkarten ordnungsgemäß ausgezählt worden wären, obwohl sie bei der Auswertung und Auszählung der Briefwahlkartenstimmen gar nicht anwesend waren. Denn der Abteilungsleiter des Melde- und Standesamts hatte – obwohl nicht Mitglied der Wahlbehörde – die verschlossenen Wahlkartenkuverts aufgeschlitzt, die Wahlkarten entnommen und mit seinen Mitarbeitern ausgezählt.
Neun der zehn Angeklagten bekannten sich im Prozess schuldig. Sie führten ihr Fehlverhalten auf Wissenslücken bzw. auf den öffentlichen Druck zurück, möglichst rasch das Wahlergebnis vorzulegen. Als einzige Angeklagte nicht schuldig bekannte sich die letztlich freigesprochene FPÖ-Politikerin.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Der Strafrahmen, der bis zu drei Jahre Haft beträgt, wurde bei Weitem nicht ausgeschöpft. Die Urteile im Villacher Fall dürften Signalwirkung für mögliche weitere Prozesse wegen Unregelmäßigkeiten bei der Bundespräsidentenstichwahl haben.
Nach der Wahlaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof war gegen insgesamt 246 Personen ermittelt worden. Gegen wie viele Personen nun Anklage erhoben wird, ist noch offen.