Eine andere Salome aus der Zeit des Barock
Alessandro Stradellas „San Giovanni Battista“ist eine Entdeckung.
Während in der Felsenreitschule die Generalprobe zu „Salome“von Richard Strauss im Gange war, konnte eine am Ende begeisterte Zuhörerschaft ein barockes Gegenstück von faszinierend abwechslungsreicher (Klang-)Qualität erleben: das Florentiner Oratorium „San Giovanni Battista“von Alessandro Stradella, dem kühnsten, wildesten und experimentierfreudigsten Italiener des Frühbarock, der, so abenteuerlich er komponierte, auch ein gefährlich abenteuerliches Leben führte.
44 knapp, knackig und mit dramatischem Aplomb formulierte Nummern sind aufgeteilt auf Rezitative (die gleichwohl oft offen für ariose Elemente sind), Arien von der Strophen- bis zu ersten Versuchen der Da-capo-Form, Duette, Trios, Madrigale. Es wird der Antagonismus von asketischer, gottund schicksalsergebener Geisteshaltung des Johannes und sinnlicher Lust, aber auch der brüchigen Zweifel dazu, in Gestalt von Salome, Herodes und Herodias faszinierend ausgelotet.
Mit famosen Solisten – Giulia Semenzato mit feingliedrigem Salome-Sopran, Christophe Dumaux mit stahlklar funkelndem Johannes-Alt, Lucile Richardot mit eigenwillig trompetenhaften, dramatisch wuchtigen Herodias-Tönen, Krešimir Stražanac mit wunderbar ambivalentem, weichem HerodesBass und Krystian Adam mit stark sekundierendem Tenor – gelang dem farbig agierenden Collegium 1704 unter Václav Luks eine plastisch eindrückliche Darstellung.
Luks liebt – im Gegensatz zu den Stradella-Experten des Ensembles Mare Nostrum – einen saftigeren, mehr auf Sfumato ausgerichteten und trotzdem elegant pulsierenden Stil. Dem in seinen kompositorischen Mitteln so ungewöhnlichen wie schillernden Werk steht diese „opernhaftere“Lesart gleichwohl bestens an. Hörfunk: