Salzburger Nachrichten

Kambodscha­s Herrscher will sich bestätigen lassen

Wieso ein Wechsel der Geldgeber zu einer demokratis­chen Fassade führen konnte.

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Seit 33 Jahren herrscht Hun Sen in Kambodscha. Der 65-jährige Diktator, der einst den mörderisch­en Roten Khmer diente, sich dann Vietnam im Kampf gegen seine Ex-Genossen andiente und von Hanoi später als Retter Kambodscha­s zum Premiermin­ister installier­t wurde, wird am kommenden Sonntag an einem alten Verspreche­n festhalten: Er will erst abtreten, wenn es ihm ins Konzept passt. Dieser Zeitpunkt ist noch nicht erreicht und so leistet sich Hun Sen die Scharade, seiner Einparteie­nherrschaf­t am Sonntag ein scheindemo­kratisches Mäntelchen zu verleihen.

Außer seiner allmächtig­en, einst marxistisc­h-leninistis­chen Cambodian People’s Party (CPP) dürfen 19 andere, bislang bedeutungs­lose Gruppen bei dem Urnengang die Konkurrenz spielen. Sie werden „ampil ambik“genannt: Glühwürmch­en, weil sie nur kurze Zeit auftreten, um den Wahlen eine demokratis­che Fassade zu geben.

Die einzige ernst zu nehmende Opposition­spartei Cambodia National Rescue Party (CNRP), die 2013 und später bei Lokalwahle­n dank starkem Zuspruch junger Kambodscha­ner mit rund 44 Prozent der Stimmen plötzlich zum Gegner heranwuchs, gibt es nicht mehr.

Kambodscha­s Oberstes Gericht, wie alle anderen Institutio­nen des etwa 17 Millionen Einwohner zählenden Landes von Hun Sen kontrollie­rt, löste die Partei unter fadenschei­nigen Vorwänden auf. Ihr Führer Sam Rainsy wurde wegen Verrats angeklagt. Anderer Funktionär­e schafften die Flucht und wurden verhaftet. Für Kenner von Hun Sens Biografie dürften die rüden Methoden keine Überraschu­ng darstellen. Schließlic­h gab der Langzeitmi­nisterpräs­ident sich nach Kambodscha­s erster Wahl im Jahr 1993 nicht lang mit der einzigen Niederlage seines Lebens zufrieden. Seine CPP war bei dem von der UNO organisier­ten Urnengang auf Platz zwei gelandet und musste eine Koalition eingehen. Wenige Jahre darauf beging Hun Sen einen blutigen Staatsstre­ich gegen seine Partner. Seitdem riskiert sein Leben, wer ihm in die Quere kommt.

Hun Sens Griff in die Trickkiste der Repression folgte seiner Erkenntnis, eine wichtige Entwicklun­g verschlafe­n zu haben. Mit westlicher Finanzhilf­e waren die Wahlmechan­ismen so verstärkt worden, dass klassische­r Wahlbetrug kaum noch möglich war. Nur Verbot und Einschücht­erung halfen, um an der Macht zu bleiben. Kambodscha­s junge Generation wünschte sich längst den Abgang Hun Sens.

Der Diktator tauschte seine westlichen Geldgeber, die ihm wegen ihrer als zimperlich empfundene­n Haltung in Sachen Demokratie und Menschenre­chte lästig waren, gegen den kaum mit Skrupeln behafteten Finanzier China aus. Mit Pekings Geld, seiner Vetternwir­tschaft und dem eigenen Nachwuchs an wichtigen Schaltstel­len fühlt Hun Sen sich nun sicher.

Umso empörter reagiert er nun auf Kritik. Als in Malaysia ein Parlamenta­rier die dortige Regierung dazu auffordert­e, eine „aktivere Position“gegen Kambodscha­s „Unterhöhlu­ng von freien und fairen Wahlen“zu beziehen, antwortete Hun Sen darauf, indem er harsche Protestnot­en schicken ließ. Malaysia wächst seit der Abwahl des Premiermin­isters Najib Razak und seiner Partei, die jahrzehnte­lang die Macht usurpiert hatte, zum demokratis­chen Leuchtturm Südostasie­ns heran. „Es ist eine Schande, dass die Diktatoren in unserer Region gemeinsame Sache machen. Indonesien, Singapur und Malaysia müssen deutlich Stellung beziehen“, erklärte Malaysias Parlaments­abgeordnet­er Charles Santiago im Namen einer Gruppe von Abgeordnet­en der südostasia­tischen Staatengem­einschaft ASEAN.

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BILD: SN/AFP Regierungs­chef Hun Sen bleibt und bleibt und bleibt.

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