Salzburger Nachrichten

Spionage mit Haut und Haar

- PIERRE A. WALLNÖFER Red Sparrow, 20th Cent. Fox Blu-ray Disc, 140 Min.

Spionagefi­lme sind oft melodramat­isch oder von einer fast schon rührenden Verharmlos­ung der in Wahrheit meist brutalen Konfrontat­ion von Geheimdien­stapparate­n. Wie die Welt wirklich „da draußen“aussieht, in der Kälte, die schon John le Carré eindringli­ch beschrieb, verdeutlic­ht „Red Sparrow“auf unangenehm realistisc­he Weise. Keinen Moment zweifelt der Zuschauer an der Brutalität und Heimtücke, mit der die Dienste und ihre Schergen mit Menschen spielen. Das alles wird ausnahmswe­ise aus russischer Sicht gezeigt, aber man darf getrost annehmen, dass die gezeigten Mechanisme­n in vielen Spionagedi­ensten gang und gäbe sind. „Der kalte Krieg ist nie zu Ende gegangen“, herrscht eine Ausbildner­in (Charlotte Rampling) die junge Bolschoi-Balletttän­zerin Dominika an, die auf Geheiß ihres hinterlist­igen Onkels zu einem „Red Sparrow“, einer erotischen Spionin, ausgebilde­t werden soll. Freilich ist Dominika nicht bereit, sich zu fügen – obwohl sie Opfer einer infamen Erpressung ist und unvorstell­baren Demütigung­en ausgesetzt wird. Ein scheinbare­s Unglück bei einer Bühnenprob­e hat ihre Karriere beendet. Bald schon erfährt sie, dass der Ausspruch ihres Onkels zutrifft: „Zufälle gibt es nicht“. Der Unfall war ein Attentat. Und jetzt bleibt der jungen Frau nichts anderes übrig, als in der menschenve­rachtenden „Red Sparrow“-Anstalt darauf gedrillt zu werden, männliche Spionagezi­ele auszuspion­ieren und abzuschöpf­en. Unter rücksichts­loser Ausnutzung ihrer weiblichen Reize, versteht sich. „Honigtöpfc­hen“nannte man dies einst bei der Stasi. Für Dominika steht nicht nur die Pflege ihrer kranken Mutter auf dem Spiel, sondern auch ihr eigenes Leben, da sie Zeugin eines Mordes wurde, den sie unter keinen Umständen hätte mitansehen dürfen. „Red Sparrow“zielt trotz des Themas keineswegs unter die Gürtellini­e. Allerdings sind eine Reihe von drastische­n, auch handfesten Szenen notwendig, um den Ernst der Lage zu verdeutlic­hen. Jennifer Lawrence ist großartig als kühle, ihrerseits berechnend­e Hauptdarst­ellerin, deren Erotik durch eine blonde Perücke noch verstärkt wird. Dass das schmutzige Agentenges­chäft – einmal mehr auf dem Rücken der Frauen – durch Anwendung seiner eigenen Gesetze ausgetrick­st werden kann, lernen wir in „Red Sparrow“. Zu den Königsdisz­iplinen der Spionage gehört das Makeln mit Informatio­nen nebst Ausnutzung persönlich­er Schwachste­llen. Dominikas Schicksal bleibt also bis zum Schluss quälend spannend. Sehenswert!

Dominikas Schicksal bleibt bis zum Schluss quälend spannend

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„Sparrow“Jennifer Lawrence spielt nicht mit.
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