Chromosomen bestimmen nicht, ob man führen kann
Ob Frauen führen können, ist längst entschieden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis niemand mehr zweifelt, ob sie es auch tun sollen.
8,4 Prozent macht der Frauenanteil in der Geschäftsführung der 200 größten Unternehmen in Österreich aus, in den Vorständen börsenotierter Aktiengesellschaften sind es gar nur 5,1 Prozent. Mit 18,5 Prozent ist die Lage in den Aufsichtsräten besser, aber auch damit ist man noch weit von dem entfernt, was seit Jahresanfang gesetzlich vorgeschrieben ist: eine 30Prozent-Quote für Frauen in Aufsichtsräten großer und börsenotierter Unternehmen. Und alle Zahlen gehen meilenweit an der Tatsache vorbei, dass Frauen die Hälfte der Bevölkerung stellen. Wohlgemerkt, wir schreiben das Jahr 2018, in dem sich die Einführung des Frauenwahlrechts zum 100. Mal jährt.
Frauen in Führungsjobs – ein umstrittenes Thema, bei dem es nur langsame Fortschritte gibt. Aber es gibt sie. Sie sind an den Zahlen ablesbar – vor zehn Jahren waren die oben genannten Prozentsätze noch halb so hoch. Und es tut sich auch etwas in den Köpfen. So ist etwa die These „Frauen können es nicht“längst widerlegt und daher überholt. An ihre Stelle trat vielfach die Aussage „Frauen schaffen es nicht“. Es ist eine subtile Form, sie von Führungsjobs fernzuhalten, indem man vermittelt, Frauen sei die Doppelbelastung, Erfolg im Beruf und trotzdem ein Familienleben mit Kindern zu haben, nicht zuzumuten. Diese Haltung ist eine Zumutung, Frauen sollten schon selbst entscheiden, was sie sich zutrauen. Und es gibt die These „Frauen wollen nicht“. Ja, manche Frauen nehmen sich selbst aus dem Spiel, wenn es um Führungsjobs geht. Das ist aber kein Grund, sie allen anderen zu verweigern. Es ist ja auch nicht jedem Mann das Talent zum Führen gegeben.
Mehr Frauen in Führungsjobs – diese Entwicklung ist nicht aufzuhalten. Das hat auch damit zu tun, dass sich die Art verändert, wie Unternehmen geführt werden. In vielen Branchen brechen Hierarchien auf oder lösen sich überhaupt auf. Die Qualität von Führung wird immer weniger oft nur mehr an der permanenten Präsenz gemessen – Führung in Teilzeit ist keine Vision mehr. Und die Erkenntnis, dass gemischte Teams bessere Resultate erzielen, überzeugt sogar hartgesottene Gegner des Aufstiegs von Frauen in die Chefetagen. Aber wenn alle Selbstverpflichtungen und Willensbekundungen nichts ändern, die es zuhauf gibt, hilft am Ende wohl wirklich nur die Quote. Hoffentlich ist sie nur ein Instrument für eine Übergangszeit, bis sich alle an den Normalzustand gewöhnt haben: dass das Geschlecht kein Unterscheidungsmerkmal dafür ist, ob sich jemand für die Aufgabe als Führungskraft eignet.