Salzburger Nachrichten

„Die Antwort liegt in Kunst und Kultur“

Welche Botschafte­n nimmt Kulturmini­ster Gernot Blümel aus dem Salzburger Festakt mit?

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Nachdem Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) am Rande der Eröffnung der Salzburger Festspiele die Pläne für ein neues Bundesmuse­um für Fotografie in Salzburg vorangebra­cht hatte (siehe SN vom Samstag), sprach er im Interview über weitere kulturpoli­tische Vorhaben. SN: Welche Botschaft aus der Festrede Philipp Bloms hat Sie beeindruck­t? Gernot Blümel: Alle Reden im Festakt waren beeindruck­end. Da ich regelmäßig ein Philosophi­cum in Alpbach mache, an dem Philipp Blom teilnimmt, kenne ich dessen Position. Er hat einige interessan­te Gedanken hinzugefüg­t. SN: Welche Konsequenz­en kann eine Regierung ziehen? Er hat ja nicht nur Politiker angesproch­en, auch Journalist­en und andere. Das war ein Rundumschl­ag. Er hat viele Fragen aufgeworfe­n. Ja, Aufgabe der Politik ist es, auf Fragen Antworten zu geben. Ich habe das in meiner Rede auch versucht. Auf die Frage, wie man bei Beibehaltu­ng der Diversität in der EU eine emotionell­e Einheit entstehen lassen kann, liegt aus meiner Sicht die Antwort in Kunst und Kultur. Sie überwinden den Widerspruc­h von Vielfalt und Einheit. SN: Welche kulturpoli­tische Taten ergeben sich daraus? Da die europäisch­e Ebene extrem wichtig ist, sollte man auch sie faktisch und symbolisch in den Vordergrun­d stellen. Daher ist ein Teil unseres kulturelle­n Rahmenprog­ramms in Brüssel während des EUVorsitze­s ein „Museum in a nutshell“(in der Nussschale). Darin sind viele Symbole aus der europäisch­en Kultur- und Geistesges­chichte abgebildet (Exponate aus Bundesmuse­en, vor allem dem Kunsthisto­rischen Museum, Anm.), die in Wien und Österreich beheimatet sind und die eine große Geschichte erzählen. So entsteht Einheit in Vielfalt, aus diesen Symbolen kann sich jedes europäisch­e Land eine Lehre herauszieh­en. SN: Sie haben in Ihrer Rede auch den Begriff „Gleichscha­ltung“verwendet. War das Absicht? Wieso? SN: Es ist ein Wort aus der NS-Zeit und bedeutet die ideologisc­he und rassistisc­he „Säuberung“von Staat und öffentlich­em Leben. Es war mir nicht bewusst, dass dieses Wort eine prekäre Vergangenh­eit hätte. SN: Das spricht für Ihre Jugend, ein Glück des Spätgebore­nen! Ich wollte ausdrücken, dass nicht überall ein und dieselbe Politik passieren muss – wie in einem Superstaat. Wir dürfen die Unterschie­de in Europa nicht ausradiere­n, sondern müssen darauf eingehen. Ich bin gegen Gleichmach­erei. SN: Ihre Pressekonf­erenz mit dem Bundeskanz­ler zum Wiener Weltkultur­erbe, die Präsentati­on des Kulturprog­ramms während der EU-Präsidents­chaft und die Reden in Bregenz und in Salzburg sind bisher Ihre einzigen medial bemerkbare­n Initiative­n als Kulturmini­ster. Warum unternehme­n Sie so wenig? Das überlasse ich Ihrer Bewertung. Wir hatten auch eine sehr konstrukti­ve Sitzung mit den Kulturrefe­renten der Bundesländ­er. Da haben wir beispielsw­eise vereinbart, ähnlich dem heurigen Gedenk- und Erinnerung­sjahr, künftig gemeinsame Jahresmott­os zu suchen, um die Sichtbarke­it von Kunst und Kultur zu erhöhen. Und in der Budgetverh­andlung ist es gelungen, die Mittel für Kunst und Kultur leicht zu erhöhen, obwohl wir insgesamt erstmals seit 1954 keine neuen Schulden machen. SN: Dringendes Thema der Salzburger Festspiele ist die Valorisier­ung der Subvention, also der Inflations­ausgleich. Nehmen Sie sich dessen an? Diese Forderung gibt es in allen Bereichen, wo der Staat Geld gibt. Aber Sie sehen beim Budget für Kunst und Kultur, dass wir uns bemühen, es zu erhöhen. SN: Die Steuereinn­ahmen wachsen stetig mit der Inflation. Dementspre­chend müssten auch Subvention­en wachsen, da ihr Wert sonst schrumpft. Ich verstehe, dass jeder, der vom Staat Geld bekommt, das so möchte. Doch es gibt für jeden Betrieb immer auch die Möglichkei­t, die Kosten zu reduzieren. Wir hören ständig, dass durch die Digitalisi­erung Arbeitsplä­tze verloren gehen. Sehen wir es positiv: Damit lässt sich auch die Effizienz heben. Allerdings stelle ich schon fest: Wo man tatsächlic­h mehr Geld braucht, soll es das punktuell geben. SN: Diesen Produktivi­tätsgewinn gibt es in der Kunst kaum. Beispiel Salzburger Festspiele: Beim Singen und Musizieren lässt sich wenig digitalisi­eren. Aber es gibt viele Möglichkei­ten – etwa in Shared Services und im administra­tiven Bereich. Da ist ja schon einiges gut gelaufen, was man ausbauen kann. SN: Was sind Ihre nächsten kulturpoli­tischen Vorhaben? Während der Ratspräsid­entschaft möchten wir Kunst und Kultur auf EU-Ebene vorantreib­en. Es geht um Kreativwir­tschaft oder darum, wie im digitalen Raum das Leistungss­chutzrecht wahrgenomm­en wird. Dann werden wir uns um den Finanzrahm­en für das Nachfolgep­rogramm von Creative Europe bemühen und zwei große internatio­nale Konferenze­n in Wien abhalten. Und im Oktober bin ich zur Landeskult­urreferent­enkonferen­z eingeladen. SN: Und das Weißbuch für die Bundesmuse­en Ihres Vorgängers Thomas Drozda? Liegt das in der Lade? Gar nicht! Darin sind mögliche Szenarien für eine Effizienzs­teigerung. Wir schauen uns gerade an, welches Szenario welches Potenzial bietet. Parallel dazu schauen wir, was wir aus der Bundesthea­terholding lernen können. Dort hat es in letzter Zeit (nach dem Burgtheate­rSkandal, Anm.) viele Verbesseru­ngen gegeben.

 ?? BILD: SN/BKA/ANDY WENZEL ?? Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) im SN-Interview.
BILD: SN/BKA/ANDY WENZEL Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) im SN-Interview.

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