Was wichtig ist für die Integration
Zum Beitrag in den SN vom 21. 7. 2018 „Wer sind wir geworden?“: Unter dem Bild von Menschen, die den Kopf in den Sand stecken, wird (von Vertretern der Philologie, der Caritas und der Völkerrechte) die heutige Gesellschaft beschuldigt. Angesichts der Migration würden Grundwerte wie Mitmenschlichkeit und Empathie an Bedeutung verlieren. Dies gelte auch im Vergleich zur Hilfsbereitschaft in den Jahren 1956 und 1968. Damals beim Ungarnaufstand und bei der Niederschlagung des Prager Frühlings wurden bekanntlich alle Flüchtlinge aufgenommen.
Der Vergleich zu damals ist sinnvoll, nur muss man ihn zu Ende denken. Wenn man heute nach einer ebenso gerechten Lösung sucht, dann kommt man um eine Feststellung, die auch damals schon galt, nicht herum. Im Falle einer Krise, die Massenflucht bewirkt, gibt es nur zwei faire Alternativen für die Zielländer der Flucht: Entweder man lässt alle Flüchtlinge rein (aktuell und in Zukunft) oder man lässt keine rein.
Dies bringt uns im Norden in eine schwierige Situation. Denn wir hätten zwar (noch) die Mittel, Millionen von Flüchtlingen aufzunehmen (aber nicht alle), aber weder Mittel, einem Großteil der Aufgenommenen berufliche Perspektiven zu bieten, noch Mittel, um im Alleingang die Situation in den Herkunftsländern so zu verändern, dass dort ausreichend Alternativen für die Migration vorhanden sind. Die Mitarbeit der Herkunftsländer ist daher unerlässlich (auch beim Begrenzen der Schlepperindustrie). Gerade auch aus Gründen der Menschlichkeit haben wir die Pflicht, darauf hinzuweisen, dass z. B. Familienplanung und Emanzipation sowie bestimmte Formen der Säkularisierung unabdingbar sind für eine gute gemeinsame Zukunft. Gernot Gwehenberger CH-4143 Dornach