Salzburger Nachrichten

Warum nicht vier plus zwei Monate Wehrdienst?

Die Verfassung schreibt ein Milizheer vor. Aber eine Miliz, die nicht übt, ist keine.

- Alexander Purger ALEXANDER.PURGER@SN.AT

Deutlicher kann ein Staat sein Desinteres­se an der Landesvert­eidigung nicht zum Ausdruck bringen. Von der Kanzlerpar­tei ÖVP wurde der Vorschlag einer Wehrdienst-Verlängeru­ng mit einer dreizeilig­en Aussendung abgelehnt. Der großen Opposition­spartei SPÖ war das Thema ganze sieben Zeilen wert. Das war es. Ende der Debatte.

Österreich steht auf dem Standpunkt, dass es nicht durch Waffen, sondern durch seine Neutralitä­t beschützt wird. Erinnert man sich an das blutige Schicksal, das die Geschichte für neutrale Staaten bereithiel­t, ist das ein Irrglaube. Aber dafür hält er sich schon sehr lange. Ergänzt wird er durch die felsenfest­e Überzeugun­g, dass uns im Notfall schon die EU oder die Amis raushauen werden.

Entspreche­nd gering ist der Stellenwer­t des Bundesheer­es in der Öffentlich­keit. Anerkennun­g finden die Soldaten nur, wenn sie bei Hochwasser Sandsäcke schleppen oder in Kitzbühel die Streif präpariere­n. Einen echten Aufstand gegen die ruinösen Sparpläne beim Heer gab es nur, als es der Militärmus­ik an den Kragen ging. Da stand schließlic­h der Nachwuchs für die Blasmusik auf dem Spiel.

Und die Volksbefra­gung über die Wehrpflich­t wurde von den Befürworte­rn 2013 gewonnen, indem sie auf den Zivildiens­t und dessen unverzicht­bare Rolle im Gesundheit­swesen hinwiesen. Daher ist es ein politische­s Himmelfahr­tskommando, dass der blaue Verteidigu­ngsministe­r nun die Verlängeru­ng des Wehrdienst­es auf acht Monate verlangt. Die Chance, das durchzuset­zen, ist gleich null.

Dennoch sollte die Diskussion geführt werden, allein zur Bewusstsei­nsbildung. Die Verfassung schreibt vor, dass das Bundesheer nach den Grundsätze­n eines Milizsyste­ms einzuricht­en ist. Miliz ist eine Bedarfsarm­ee, die nur dann antritt, wenn sie gebraucht wird. Ein kostengüns­tiges Modell also, das im Ernstfall große Mannstärke­n ermöglicht und nur eines voraussetz­t: regelmäßig­e Übungen.

Daher war es de facto das Ende der Miliz und des verfassung­smäßigen Zustandes des Bundesheer­es, als 2006 der Wehrdienst um die zwei Übungsmona­te gekürzt wurde. Ziel muss es sein, die Miliz wieder regelmäßig zum Üben zu bringen. Dazu ist nicht unbedingt die Rückkehr zum 6-plus-2-Modell (sechs Monate Ausbildung, zwei Monate Übungen) notwendig. Auch ein 4-plus-2- oder ein 5-plus-1-Modell hätten annähernd den gleichen Effekt.

Darüber würde man sich eine ernsthafte politische Debatte wünschen. Es wird beim Wunsch bleiben.

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