Begleiten Sie uns zur Quelle der Menschheit
Wer die Reden zur Festspieleröffnung etwas genauer unter die Lupe nimmt, dem fällt auf: Am Anfang war der Rausch.
Die Reden zur Festspieleröffnung sind gehalten, die Analysen geschrieben, die Noten verteilt. Höchste Zeit also, dass die Teufelsküche noch ihren Senf dazugibt. Schließlich waren auch einige kulinarische Provokationen enthalten. So brachte Philipp Blom raffiniert die Hefe ins Spiel: Einer unserer wichtigsten kulturellen Partnerorganismen ist Hefe, die es Menschen seit Jahrtausenden ermöglicht, Dinge wie Brot, Bier und Wein zu produzieren. Das stimmt.
Hefe ist ein einzelliger Pilz. Sie frisst so lange Zucker, bis alle Ressourcen verbraucht sind. Deshalb darf man auch kein Hefe-Weißbier zum Zuckerbäcker mitnehmen. Und der Mensch sei nun mal leider auch wie Hefe, fuhr Blom fort: Wir fressen uns dem eigenen Ersticken entgegen. Wer sich in diesen heißen Tagen in Gastgärten umsieht, dem drängt sich ein ähnlicher Satz auf: Wir saufen uns dem eigenen Ertrinken entgegen. Und genau hier – an dieser Stelle – müssen wir tiefer graben.
Blom nannte die drei Säulen, auf denen unsere Menschheit steht: Bier, Brot und Wein. Diese Theorie bewies schon der Molekulararchäologe Patrick McGovern in seinem Werk „Uncorking the Past“(dt: „Die Vergangenheit entkorken“). Er fand heraus, dass Urzeitbewohner nur deshalb den Ackerbau erfunden haben, weil sie Bier trinken wollten. McGovern stützt sich dabei auf die Untersuchung von Tonscherben, auf denen er alkoholische Spuren entdeckte. Die sind etwa 13.000 Jahre alt. Sie stammen zwar nicht vom Weißbier – aber immerhin vom Reisbier. Dessen Produktion war ein bisserl grauslig: Man speichelte Reisklumpen im Mund ein, wobei Stärke in Malzzucker umgewandelt wurde. Prost! Und weil das Backen zu dieser Zeit noch nicht bekannt war, liegt folgender Schluss nahe: Am Anfang war der Rausch. Soll heißen: Der Rausch ist die Basis all unseres Handelns – damals wie heute. Aber immerhin, so fiel Blom weiters auf, habe der Mensch im Gegensatz zur Hefe individuelle Genies wie Shakespeare hervorgebracht. Und selbst da steckt ein Code drin. Diesen hat der Kabarettist Ludwig Müller schon vor Jahren entschlüsselt, indem er reimte: Sogt der Williams zum Shakespeare: Woasst du eh, dass i den Williams scho sche gspia! Obwohl: Wir werden heute alle schon rationaler und nüchterner. Landeshauptmann Wilfried Haslauer gab uns mit seiner Rede auf den Weg: Wir gehen zu einem leichten Mittagessen, da uns der zu hohe Cholesterinspiegel und die Kurzatmigkeit im Fitnessstudio mehr beschäftigen als die Katastrophen von damals. Womit Haslauer intellektuell in einer Liga mit Aldous Huxley spielt. Der meinte: Der Zustand eines Landes hat uns noch nie das Mittagessen verdorben.
In diesem Sinn erklärt die Teufelsküche die Salzburger Festspiele endgültig für eröffnet.