Hansaton setzt auf Wiedereinsteiger
Hörgerätefirma hat gute Erfahrungen mit Frauen in der zweiten Karriere.
Die Hörgerätebranche ist recht speziell. Die Kunden sind im Schnitt über 70 Jahre alt und es dauert davor schon sieben bis zehn Jahre, bis sie sich überhaupt aufraffen, um etwas gegen ihre verminderte Hörleistung zu unternehmen. „Schlecht hören ist immer noch ein Tabuthema. Ich glaube, das hat etwas mit Altsein zu tun“, sagt Ursula Rumplmayr, die neue Geschäftsführerin von Hansaton in Österreich. Wer seine Hörschwäche eingestehe, oute sich gleichzeitig, alt zu sein, erklärt die 38-jährige Salzburgerin aus Puch, die in Bergheim lebt.
Bei den Mitarbeitern sind die Hörgeräteanbieter wegen der Kundenbedürfnisse auf Personal mit Lebenserfahrung in besonderem Maße angewiesen. Der Beruf habe viel mit Helfen zu tun, aber auch mit Hochtechnologie. Hansaton habe dabei sehr gute Erfahrungen mit Wiedereinsteigerinnen gemacht. Typische Berufe seien Friseur(in) oder Kellner(in), wo man den direkten Kundenkontakt gewöhnt sei. Hansaton mit 95 Filialen und rund 300 Mitarbeitern in Österreich bilde derzeit gar keine Schulabgänger mehr als Lehrlinge aus, sondern setze auf die Wiedereinsteiger. „Wir sind hier sicher Vorreiter“, betont Rumplmayr. Derzeit habe man 38 Personen (es sind hauptsächlich Frauen) in ihrer zweiten Berufsausbildung, im Herbst beginnen weitere 20 und künftig sollen jedes Jahr 40 bis 50 Personen die Lehre zum Hörgeräteakustiker im zweiten Bildungsweg absolvieren. Bei entsprechender Praxis in einem Geschäft verkürzt sich die Lehrzeit auf 18 Monate, das Arbeitsmarktservice unterstützt das Programm über Arbeitsstiftungen.
Erfolgreich umgesattelt hat zum Beispiel Monika Salzmann aus Maishofen. Die Pinzgauerin gab mit 45 Jahren ihren Beruf als Friseurin auf. Heute, mit 50, leitet sie die Hansaton-Filiale in Zell am See und ist sehr zufrieden: „Ich muss nicht mehr den ganzen Tag stehen und es ist auch viel besser bezahlt“, erzählt sie den SN. Hörgeräteakustiker unterliegen dem Metaller-Kollektivvertrag. Es sei zwar nicht ganz leicht gewesen, das Okay vom AMS zu bekommen. Denn dort habe es geheißen, es gebe genug freie Stellen für Friseurinnen. Heute betreue sie teilweise dieselben Kunden wie damals, lacht Salzmann. In der Berufsschule seien „auch Herren“dabei gewesen, die dreitägige Lehrabschlussprüfung sei „nicht so ohne gewesen und ich war stolz auf mich“. Zu Recht, denn rundherum habe es geheißen: „… dass du dir das noch antust in deinem Alter …“
Hansaton ist seit 1961 in Österreich vertreten und seit 2001 Teil des Schweizer Weltmarktführers bei Hörgeräten, Sonova. Die Österreich-Tochter mit Sitz in Wals fährt einen Expansionskurs, so werden heuer noch zwei weitere Filialen in Niederösterreich eröffnet.
„Schlecht zu hören ist noch ein Tabu.“Ursula Rumplmayr, GF Hansaton