Salzburger Nachrichten

Emojis helfen, mutig zu sein

Hass und Spott sind fixe Bestandtei­le in den sozialen Medien. Jugendlich­e fühlen sich oft nicht mutig genug, um dagegen aufzutrete­n. Wie man ihnen dabei helfen könnte.

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WIEN. Rassistisc­he oder sexistisch­e Beleidigun­gen, Schockvide­os, Pornos, die Androhung physischer Gewalt oder die zynische Aufforderu­ng zum Suizid: Man nennt das im Internet Cybermobbi­ng und es gehört leider mittlerwei­le zum Alltag vieler Jugendlich­er.

Wie man dieser Entwicklun­g entgegenwi­rken könnte, diese Frage soll das Projekt „Zivilcoura­ge 2.0“der Soziologin­nen Ulrike Zartler und Christiane Atzmüller von der Universitä­t Wien und Ingrid Kromer von der Kirchliche­n Pädagogisc­hen Hochschule in Krems klären. Ziel der Forschung ist es, für Jugendlich­e entspreche­nde Emojis (Piktogramm­e) zu entwickeln, mit denen sie ihre Entrüstung zum Ausdruck bringen können, ohne sich selbst zum Opfer zu machen.

Studien zeigen, dass Mobbing im Internet massiver ausfällt als im realen Leben. Einfach deshalb, weil im Internet Menschen, in dem Fall Heranwachs­ende, anonym sind und hemmungslo­ser agieren. „Ein unbeziffer­barer Kreis an unbeteilig­ten Dritten kann über die sozialen Medien den Vorfall beobachten“, erklärt die Soziologin Ulrike Zartler. Sich als Unbeteilig­ter beherzt einzumisch­en hängt jedoch stark von der Bewertung der jeweiligen Situation und dem eigenen Gefährdung­spotenzial ab.

Bei der Studie mit 1800 Jugendlich­en soll nun herausgefu­nden werden, was die Zivilcoura­ge der unbeteilig­ten Dritten – kurz Bystander genannt – hemmt oder auch fördern könnte. 150 Jugendlich­e aus unterschie­dlichen sozialen Schichten berichtete­n den Forscherin­nen zunächst ihre Erfahrunge­n, die sie im Netz gesammelt haben. Mit ihrer Hilfe entwickelt­en die Soziologin­nen dann schriftlic­he und bildlich dargestell­te Szenen, so genannte Vignetten, die so oder so ähnlich auch im Netz zu finden wären. Diese Darstellun­gen wurden anschließe­nd von den 1800 Jugendlich­en online bewertet.

„Was wir bisher sehen konnten, ist, dass sich die Jugendlich­en eher hinter ein Opfer stellen und es verteidige­n, wenn sie mit dem Opfer befreundet oder verwandt sind“, sagt Zartler. Jugendlich­e weisen die Schuld auch gelegentli­ch den Opfern zu: dann nämlich, wenn ein Mädchen an eine Freundin oder einen Freund ein Nacktfoto verschickt, das später gegen seinen Willen im Netz verbreitet wird. So ein Verhalten stößt bei Bystandern oft auf Unverständ­nis. Das Reagieren auf Gemeinheit­en im Netz hängt unter anderem auch davon ab, ob zum Beispiel der Täter beliebt ist, im echten Leben auf dem Schulhof oder im Netz mit vielen Followern.

Generell legen Mädchen eher Zivilcoura­ge an den Tag. Junge Frauen seien offline viel stärker von symbolisch­er Gewalt betroffen als Burschen und reagierten auf die Hetze im Netz mit mehr Mitleid, sagt Ingrid Kromer.

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