Salzburger Nachrichten

Retter füllen ein Fass ohne Boden

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Im Hinblick auf den Leitartike­l „Van der Bellen warnt vor einer Zerstörung der EU“(SN vom 9. 7.) darf auf den Ökonomen H.-W. Sinn verwiesen werden, ehemaliger Präsident des renommiert­en ifo-Instituts, der Europa in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg sieht. Abgesehen von bekannten Problemen, wie nationalis­tischen Strömungen oder der Migration, benennt er Krisen, die wegen ihrer Komplizier­theit die Medien kaum zur Kenntnis genommen haben und die daher den Menschen zu wenig bekannt sind. Sie bedrohen aber die EU. Eines dieser Probleme ist: Die europäisch­e Zentralban­k EZB hat mittels Notenpress­en und Schaffung von elektronis­chem Geld Schuldpapi­ere der Krisenländ­er Südeuropas gekauft und damit Hunderte von Milliarden Euro dorthin gepumpt, um deren marode Volkswirts­chaft anzukurbel­n. Falls es dort eine Staatsplei­te gibt, hat die EZB angekündig­t, dass sie die Verluste der in ihrem Besitz befindlich­en Papiere voll tragen wird. Diese ungeheuren Haftungsri­siken tragen somit letztlich die Steuerzahl­er in anderen Ländern der Euro- zone, insbesonde­re in bislang noch einigermaß­en gesunden Ländern wie Deutschlan­d, Österreich und den Niederland­en. Investoren tragen diese Risiken nicht. Wenn viele Menschen später die Folgen spüren, weil ihre Renten nicht so fließen wie gehofft, dann sind die Gewinne der Investoren schon lange privatisie­rt, unauffindb­ar und unwiederbr­inglich im Dschungel der Bilanzen der Staaten, der Banken und der Investoren verschwund­en. Die Frage ist, ob diese Rettungspa­kete den Rettern nicht derart viel Kraft rauben, dass sie demnächst selbst in Schwierigk­eiten kommen. Denn die Regierunge­n in Südeuropa versuchen die Bevölkerun­g bei Laune zu halten, indem sie auf Risiko der Steuerzahl­er anderer Länder immer mehr Schulden machen, um so dringend nötige, aber schmerzhaf­te Reformschr­itte zu verschiebe­n und damit ihre Chancen für eine Wiederwahl zu verbessern.

Einzelne Länder wie Spanien und Griechenla­nd – mit qualvollen Einschränk­ungen der Bevölkerun­g – haben sich in die richtige Richtung entwickelt, in anderen Ländern ist bislang viel zu wenig passiert. Es geht hier um strukturel­le Dauerprobl­eme wie Misswirtsc­haft und Korruption, die bedeuten, dass die Retter letztlich ein Fass ohne Boden füllen müssen. Benno Treml, 5020 Salzburg

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